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Falsche Versprechungen besser erkennen

Zehn Indizien für Quacksalberei

Vitamine gegen Schwerhörigkeit? Weiter essen wie bisher und dennoch abnehmen? Manchmal klingt Werbung zu gut, um wahr zu sein. Schenken Sie Werbebotschaften keinen Glauben, seien Sie skeptisch. Auf zehn Punkte sollten Sie besonders achten.

Längst nicht alles, was in Werbung, im Internet, aber auch in Zeitschriften und Gesundheitssendungen angepriesen wird, ist wirklich wirksam. Vieles ist von fragwürdigem Nutzen oder bisweilen sogar riskant, überzeugende wissenschaftliche Nachweise fehlen. Menschen, die mit Heilwissen prahlen, über das sie gar nicht verfügen, werden seit jeher Quacksalber genannt. Dementsprechend fallen viele angebliche „Medikamente“ unter den Begriff „Quacksalberei“. Oft handelt es sich dabei in Wirklichkeit um sogenannte Nahrungsergänzungsmittel, deren Wirkungen nicht routinemäßig geprüft werden (siehe Kasten)

Was Sie stutzig machen sollte

1. Keine Nebenwirkungen

Die Jahrhunderte alte Erfahrung der Medizin lehrt, dass es in der Medizin keine Wirksamkeit gibt ohne das Risiko von Nebenwirkungen. Ein Mittel, das mit dem Hinweis „ohne Risiken“ beworben wird, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit auch keine Wirkung.

2. Erfolgsgarantie

Versprochen wird vieles – wird es auch eingehalten? Bei Medikamenten kann es keine Erfolgsgarantie geben. Das gilt erst recht für oft dürftig belegte Alternativmethoden. Häufig werden angeblich „sanfte Erfolgsmittel“ mit der Behauptung angepriesen, sie würden besser wirken als „normale“ Arzneimittel. Das kann dazu führen, dass eine bewährte Therapie zu Gunsten von Quacksalber-Methoden abgesetzt wird.

3. Vielseitig wirksam

Besondere Vorsicht ist ratsam, wenn ein Mittel gegen viele verschiedene Leiden mit völlig unterschiedlichen Ursachen helfen soll, beispielsweise gegen Bluthochdruck, AIDS und Krebs. Eine solche Allround-Pille ist leider ein Wunschtraum.

4. Exotische Herkunft

Algen aus Hawaii oder Kristallsalz aus dem Himalaja? Ein Produkt wird nicht durch die Herkunft geadelt. Die Anbieter versuchen, ihre Präparate aufzuwerten und den Glanz ferner Naturparadiese für ihr Angebot zu nutzen. In der Regel gibt es keinen Beleg für einen besonderen Nutzen dieser exotischen Heilmittel und die hohen Preise sind durch nichts zu rechtfertigen.

5. Besser als die Schulmedizin

Die Anbieter mancher Mittel versprechen Heilung selbst dann, wenn alle Möglichkeiten der Schulmedizin ausgeschöpft sind. Derartige Heilversprechen werden in der Regel leider nicht von einer neutralen, verlässlichen Stelle überprüft. Quacksalber geben dennoch solch ein Versprechen, um in ausweglosen Situationen, z.B. bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen, zweifelhafte Produkte zu verkaufen. Für diese als „letzter Strohhalm“ feilgebotenen Präparate muss meist viel Geld bezahlt werden.

6. Erfahrungsberichte als „Wirksamkeitsbelege”

Gerade wenn nachvollziehbare Daten aus wissenschaftlichen Studien fehlen, verweisen die Hersteller gerne auf umfangreiche Erfahrungen mit den Mitteln. Seien Sie auf der Hut bei Behauptungen, die mit begeisterten Erfolgsberichten angeblicher Patienten begründet werden. Diese sagen ebenso wenig über den tatsächlichen Nutzen und die Risiken eines Arzneimittels oder einer Nahrungsergänzung aus wie Behauptungen, die auf Weltanschauungen basieren.

7. Personenkult um den Behandler

Wenn das Funktionieren einer Behandlung an eine bestimmte Person oder eine Einrichtung gebunden wird, ist größte Vorsicht angebracht. Warum kann sie nicht auch von anderen eingesetzt werden? Oder geht es hier vor allem um Geld? Personengebundene Methoden, die den Nimbus eines bestimmten Menschen nutzen, werden in der Regel nicht durch Dritte überprüft. Eine unabhängige Kontrolle von Nutzen und Risiken fehlt.

8. Seit Jahrzehnten bewährt

Statt „seit Jahrzehnten bewährt” müsste es eher heißen „seit Jahrzehnten beworben und verkauft“. Aber nicht alles, was häufig verkauft wird, ist auch wirksam und unbedenklich.

9. Wirksam –  und doch nicht als Arzneimittel zugelassen

Wenn ein Mittel belegbar gut wirksam und verträglich ist, warum wird dann nicht die Zulassung als Arzneimittel beantragt? Das hätte doch den Vorteil, dass das Produkt von Ärzten verordnet werden könnte und Krankenkassen bezahlen würde. Aber so mancher Anbieter scheut das Urteil neutraler Fachleute, die durchschauen könnten, dass die Wirksamkeitsbelege mangelhaft sind oder sogar fehlen.

10. Betonung auf „Aus­gleich von Mängeln in der Ernährung“

Angeblich sollen unserem Essen wichtige Stoffe fehlen. Diese Mängel sollen sich nicht durch die tägliche Nahrungsaufnahme ausgleichen lassen. Dabei war die Versorgung mit Nahrungsmitteln in unseren Breiten noch nie so vielfältig und lückenlos wie heutzutage. Bestehen diätbedingte Versorgungsmängel, muss die Ernährung entsprechend angepasst werden. Für Gesunde sind Vitamin- und Mineralstoffpräparate in der Regel überflüssig und manchmal sogar schädlich. Eine Untersuchung des Robert Koch-Instituts hat gezeigt, dass die Menschen in Deutschland grundsätzlich ausreichend Vitamine und Mineralien zu sich nehmen. Mangelzustände sind selten und werden meist durch Erkrankungen verur­sacht. Diese müssen ärztlich behandelt werden.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2006 / S.06