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Werbung für Werbung

In Fachzeitschriften für Apotheker weisen Arzneimittelhersteller in Annoncen häufig auf ihre aktuellen Werbekampagnen in einflussreichen Medien hin. Wenn ein Präparat gerade in Zeitschriften und TV groß beworben wird, weiß dadurch Ihr Apotheker oder Ihre Apothekerin Bescheid – und hat das „richtige“ Präparat griffbereit. Als Kunde mit Bauchweh muss man dann nur sagen: „Ich habe da gerade eine Werbung gesehen“. Derzeit betont die Firma Steigerwald, dass ihr Magenmittel Iberogast® in mehr als 60 Zeitschriften und Zeitungen beworben wird.

Werbung für Iberogast®

  • Viele Anzeigen: Anzeigen in großen Zeitschriften sind teuer. So kostet eine Seite in der Apotheken Umschau über 60.000 €.2 Als Käufer des Medikaments bezahlen Sie das alles mit.
  • Reguliert, normalisiert, schützt… Hier wird zu viel versprochen. Hinweise aus experimentellen Daten und Hypothesen werden so interpretiert, als wären sie für die Therapie tatsächlich relevant. Aussagekräftige Studien, die solche Behauptungen belegen, finden wir nicht.
  • Viel hilft viel? Es gibt neun Inhaltsstoffe. Kombinationspräparate machen aber nur Sinn, wenn jeder Bestandteil nachweislich zur Wirkung beiträgt oder die Verträglichkeit verbessert.
  • Die Nr.1? Die Verkaufszahlen im Markt für rezeptfreie Arzneimittel (OTC, over-the-counter) sind kein Qualitätsmerkmal, sondern in erster Linie ein Resultat intensiver und teurer Werbung.

Iberogast® kombiniert alkoholische Auszüge aus neun Pflanzen, die bei Magen-Darm-Problemen helfen sollen, darunter sind die bittere Schleifenblume, Mariendistel, Kümmel, Pfefferminze, Kamille und Melisse.1 Viele Pflanzen zu mischen, ist eine Strategie, die Mitte des 20. Jahrhunderts in Mode gekommen ist. Sie ist aber nur sinnvoll, wenn jeder Bestandteil nachweislich zur Wirkung oder Verträglichkeit beiträgt. Dies scheint uns bei Iberogast® nicht der Fall zu sein. Die Flüssigkeit enthält überwiegend deutlich weniger Wirkstoff, als für die Behandlung mit einem der einzelnen Kräutern empfohlen wird. Bei den Anwendungsgebieten von Iberogast® einschließlich Reizmagen und Reizdarm ist von einem hohen Placeboeffekt auszugehen (siehe GPSP 3/2010, S. 6). Wer pflanzliche Präparate einnehmen möchte, kann sich beispielsweise einen Tee aus Kamille oder Melisse zubereiten. Der ist sogar preiswerter als Iberogast®: 9,90 € kosten die 20 ml, die etwa eine Woche ausreichen.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2012 / S.16