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Was ist das?

Die bekannte Sachbuchreihe „Was ist was“ für Kinder und Jugendliche ist käuflich – offenbar nicht nur für die Leser. Der Band „Wie entsteht ein Medikament“ ist im Buchhandel zwar nicht erhältlich, dafür aber kostenlos zu bestellen beim Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa).1 Denn hinter diesem „Was ist was“-Titel steckt nicht der Verlag, sondern ein Lobbyverband der Pharmaindustrie. So lässt sich Werbung mit dem Anschein von Sachlichkeit verpacken. Auch wenn eine Sprecherin des Verlags beteuert, man habe darauf geachtet, dass keine tendenziellen Informationen einfließen,2 idealisiert der Text die Arzneimittelforschung und blendet relevante Probleme bei der Entwicklung von Arzneimitteln aus. Wir haben einige – wohl nicht zufällige – Lücken der Darstellung zusammengestellt.

Der "Was-ist-was"-Band "Wie entsteht ein Medikament?"
Abbildung: vfa
  • Schönreden: Forschungserfolge werden hervorgehoben. Die meisten neuen Arzneimittel bringen den Patienten aber keinen zusätzlichen Nutzen.3
  • Vernachlässigen: Pharmahersteller forschen nicht, wo der größte Bedarf der Kranken ist, sondern wo der größte Gewinn zu erwarten ist.
  • Kleinreden: Wesentliche Grundlagen und Beiträge zur Arzneimittelentwicklung stammen aus Universitäten und öffentlich finanzierten Forschungsinstituten. 5 Öffentliche Einrichtungen zu „Ideengebern“ zu degradieren ist unredlich. Weltweit finanzieren Staaten über die Hälfte der Gesundheitsforschung.
  • Übertreiben: Angeblich geben Firmen mehr als 800 Millionen Dollar für die Entwicklung eines Arzneimittels aus – tatsächlich sind es nicht mal 60 Millionen.4
  • Tricksen in der Forschung: Klinische Studien werden oft so angelegt, dass das geprüfte Arzneimittel gut abschneidet.
  • Verschweigen: Gerade bei neuen Medikamenten verschweigen Unternehmen Daten, die für das Arzneimittel ungünstig sind.

Die Broschüre ist als „Beitrag der forschenden Pharma-Unternehmen zum Wissenschaftsjahr 2011“ gekennzeichnet. Hier sollen laut Bundesministerium für Bildung und Forschung „Wissenschaft ler und Bürger einen Dialog auf Augenhöhe führen und auch die kontroversen Aspekte der Forschung diskutieren“.7 Das ist mit dem vfa-Band gründlich daneben gegangen. Die Broschüre kann von Lehrern als Klassensatz bestellt werden. Wir erwarten aber Lehrmaterialien, die frei von kommerziellen Interessen sind und einen kritischen Umgang mit Arzneimitteln trainieren.

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2011 / S.16