In die falsche Spur gelockt
Mit zunehmendem Alter sinkt der Testosteronspiegel im Blut. Das ist normal. Geschäftstüchtige Anti-Aging-Mediziner versuchen daraus aber eine neue Krankheit zu machen: PADAM – das partielle Androgendefizit des alternden Mannes. „Get back on track“ – mit dieser Werbung1 für das Sexualhormon Testosteron will Bayer Schering Männer wieder in die „richtige Spur“ setzen. Glaubt man Bayer Schering, ist „etwa ein Drittel aller Männer in der zweiten Lebenshälfte betroffen.“2 Ein krankhafter Mangel dieses männlichen Sexualhormons ist aber selten.3 Als Lifestyle-Mittel ist Testosteron riskant.
- Simple Bildsprache: Hat jeder, der den Kopf hängen lässt Testosteronmangel? Eine meist falsche Lösung wird suggeriert: Testosteron. „Back on track!“… und schon ist wieder alles gut. Leider nur für Bayer Schering.
- Falsche Fährten: Was hier als Folge eines Mangels an männlichem Sexualhormon dargestellt wird, hat meist andere Ursachen, beispielsweise Überlastung, Finanzsorgen, Partnerschaftsprobleme oder eine chronische Krankheit.
- Die angeblich passende Lösung für diese Probleme liefert Bayer Schering gleich dazu: „eine Testosteronbehandlung“. Bisher gibt es aber keine Langzeitstudien, die Nutzen und Risiko der Behandlung älterer Männer untersuchen. Prostatakrebs, Bluthochdruck und Herzschwäche sind einige der möglichen Risiken.5
- Ein Online Test auf der Webseite legt schon bei geringer Abweichung vom Optimum ein angebliches „Nachlassen der körpereigenen Hormonproduktion“ nahe. Lassen Sie sich nicht verunsichern. Den Testosteronspiegel vom Hausarzt4 im Blut testen zu lassen, macht wenig Sinn. Der Mann muss dies auch als IGeL-Leistung selbst bezahlen.
Meist hängen die auf den Webseiten genannten Probleme gar nicht mit einem Testosteronmangel zusammen. Ob ein therapiebedürftiger Testosteronmangel vorliegt, kann zudem an dem Messwert allein nicht festgemacht werden.3 Im Zweifelsfall ist die Diagnose durch einen Endokrinologen nötig. Dessen Praxisschild sollte allerdings nicht mit „Anti- Aging“ werben.
Stand: 1. Oktober 2008 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2008 / S.16