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Gefährlicher Tiger

Antibiotika können Leben retten. Aber je häufiger Antibiotika zum Einsatz kommen, desto eher werden Bakterien gegen sie resistent – die Arznei wirkt nicht mehr. Tigecyclin (Tygacil®) sollten Ärzte eigentlich nur verordnen, wenn andere Antibiotika versagen. Es ist ein Mittel der letzten Reserve. Diese Werbung in einer Ärztezeitschrift zielt in die entgegengesetzte Richtung: Die fettgedruckten Schlagworte sollen Ärzte motivieren, den „starken Partner“ öfter zu verschreiben. Doch genau das fördert eine Resistenzbildung gegen dieses kostbare Reservemittel (siehe dieses Heft S. 8).

Werbung für das Antibiotikum Tygacil®
Abbildung: Werbeanzeige aus Der Chirurg (2017), 88(1)
  • Zeitiger? Tigecyclin sollte nicht verfrüht, sondern nur im Notfall angewendet werden.
  • Eindeutiger? Tests auf die Wirksamkeit bestimmter Antibiotika führen dazu, dass ein Mittel dann auch häufiger verordnet wird.
  • Vernünftiger? Suggeriert, dass Tigecyclin besser verträglich sei. Das ist nicht der Fall.
  • Vielfältiger? Tigecyclin ist kein beliebiges Mittel unter vielen, sondern manchmal die letzte Reißleine – und sollte das auch bleiben.
  • Nachhaltiger? Nur solange der Wirkstoff nicht inflationär eingesetzt wird, besiegt er auch künftig viele bakterielle Erreger.

Der Wirkstoff Tigecyclin ist gegen viele bakterielle Erreger wirksam. Noch sind Resistenzen selten. Doch wer diesen Reservewirkstoff ohne Not einsetzt, macht den Tiger zahnlos und drosselt so die Heilungschance künftiger Patienten. Außerdem: Das Mittel ist nicht gut verträglich. Schon 2010 warnte die US-Arzneimittelbehörde FDA, dass unter Tigecyclin mehr Patienten sterben als bei anderen antibiotischen Therapien.1 Der Pharmakonzern Pfizer weist zwar in der Fachinformation für Tygacil® darauf hin.2 In seiner Werbung für Ärzte ist das allerdings kein Thema.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2017 / S.28