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Vorsicht Schleichwerbung!

Wie eine Fernsehzeitschrift ihre Leser:innen in die Irre führt

Ist das noch ein journalistischer Beitrag oder schon Marketing? Gerade bei Gesundheitsfragen können – oder wollen? – das offenbar nicht alle Zeitschriften sauber trennen. Besonders dreiste Beispiele hat das medienkritische Online-Magazin „Übermedien“ gesammelt.1

Oft versprechen im Gesundheitsteil der Fernsehzeitschrift „Hörzu“ einfache Mittel aus der Apotheke Linderung bei Beschwerden. Wie praktisch, wenn es sich um genau die Mittel handelt, für die direkt neben den Artikeln auffällige Anzeigen geschaltet sind.

Möglich macht das ein besonderes Werbeformat, das die Zeitschrift ihren Anzeigenkunden anbietet: eine Doppelseite, zweimal diagonal geteilt, in der links oben und rechts unten für ein Unternehmen geworben wird. Der Teil dazwischen hingegen ist ein redaktioneller Inhalt: Er trägt oben auf der Seite die Ressort-Angabe „GESUNDHEIT“, hat das Hörzu-Artikel-Layout, wird im Inhaltsverzeichnis angekündigt und von Redakteur:innen der Zeitschrift verfasst.

Die Dreiecke außen sind, trotz des ungewöhnlichen Formats, jeweils klar mit dem Wort „ANZEIGE“ gekennzeichnet – so wie es das Presserecht zur Ab­gren­zung zwischen redaktionel­len und werblichen Inhalten vor­schreibt.

Arginin bei Bluthochdruck?

Beim genauen Blick auf den redaktionellen Artikel scheint die Trennung allerdings nicht so eindeutig. Das zeigt etwa das Beispiel eines Beitrags aus Heft 40/2020, der gegen Bluthochdruck vor allem die Aminosäure Arginin empfiehlt, eingerahmt von zwei als „Anzeige“ gekennzeichneten Werbe-Dreiecken für das Arginin-Präparat „Telcor® Arginin plus“ (siehe unten).

Der vermeintlich redaktionelle Beitrag verweist auf eine kostenlose Broschüre, die man per E-Mail bei einer PR-Agentur anfordern kann: Sie heißt „24 gute Gründe für Arginin“ und enthält mehrere Schaubilder aus der „Telcor-Arginin-Forschung“. Eine andere Möglichkeit, diese Broschüre zu bekommen, wäre übrigens, sie bei der Firma Quiris Healthcare zu bestellen, der die Marke Telcor® gehört.

Werbende Experten

Autor der Broschüre ist der Internist Prof. Dr. Curt Diehm, der zufällig zwei Wochen später in der Hörzu-Rubrik „Hallo, Doktor!“ diensthabender Leserfragenbeantworter war. Eine Evelyn Hoppe fragte passenderweise: „Eine Freundin meinte, ich solle auf ausreichende Versorgung mit der Aminosäure Arginin achten. Warum ist das wichtig?“

Und die Hörzu wusste darauf dank Prof. Dr. Curt Diehm nicht nur eine Antwort: Sie kannte auch einen praktischen, kostenlosen Ratgeber, den man per E-Mail bestellen kann und nannte gleich ein gutes Präparat: „Telcor Arginin plus“.

„Redaktionelle“ Hinweise

Im nächsten Heft machte sich die angebliche Hörzu-Leserin Eva-Maria Schmidt Sorgen um ihren hohen Blutdruck durch Stress. Die Redaktion empfahl Yoga und eine gesunde, vitalstoffreiche Ernährung, verwies aber auch auf „aktuelle Studien“, die angeblich zeigten: „Den Blutdruck verbessern kann auch die gezielte, regelmäßige Einnahme der Aminosäure Arginin, die etwa in rezeptfreien Apotheken-Präparaten wie Telcor Arginin plus enthalten ist.“
Zwei Wochen später fand die Funke-Gesundheitsredaktion, es wäre mal an der Zeit, den Menschen ein paar Tipps zu geben, wie ihre Gefäße gesund bleiben. Klar, Bewegung und Ernährung schützen, schrieb eine Redakteurin, aber: „Aktuelle Umfragen zeigen zudem, dass auch die gezielte und regelmäßige Einnahme der Aminosäure Arginin die Gefäßgesundheit und den Blutdruck verbessern kann.“ Arginin? Wie in dem Präparat Telcor Arginin plus, das rechts und links des Hörzu-Artikels in besagter Dreiecksoptik wirbt.

Keine Einordnung

Wer in dem Artikel von dem „rezeptfreien Apotheken-Präparat“ liest, bekommt womöglich den Eindruck, es geht um ein gut geprüftes Produkt. Allerdings handelt es sich dabei nicht um ein zugelassenes Arzneimittel, sondern um ein Lebensmittel („ergänzende bilanzierte Diät“), für das die Anforderungen an Wirksamkeitsbelege deutlich niedriger sind. Was Arginin tatsächlich nützt, werden wir noch in einem späteren Artikel beleuchten.

Unbelehrbar

Außer bei Arginin hat Übermedien auch noch weitere Beispiele für ähnliche Verquickungen von Werbung und redaktionellen Beiträgen gefunden. Und nachgefragt bei der Funke Mediengruppe, die die Hörzu herausgibt, ob sie das alles erklären könne: Die Doppelung von redaktionellem und werblichem Inhalt – können Werbekunden das buchen? Was kostet so ein Paket aus Anzeigenschaltung und redaktioneller Begleitung?

Die knappe und angesichts der Belege wenig glaubwürdige Antwort: „Redaktion- und Anzeigenabteilung arbeiten strikt getrennt voneinander.“ Übrigens ist die Hörzu bereits mehrfach vom Presserat für Schleichwerbung in seinem Gesundheitsteil gerügt worden. Geändert hat das offenbar nichts.

Wer spricht denn da?

Um solche Vermischungen zu vermeiden, erscheint GPSP übrigens vollständig ohne Werbung und finanziert sich ausschließlich über seine Leser:innen – damit Sie sich sicher sein können, Informationen zu bekommen, die nicht von Anbietern mit Eigeninteressen beeinflusst sind.

Ergänzende bilanzierte Diät
GPSP 4/2018, S. 19

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2021 / S.08