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© Jörg Schaaber

Voltaren®

Voltaren® mit dem Wirkstoff Diclofenac ist ein Klassiker unter den Schmerz- und Rheumamitteln. Mit 17,5 Millionen Packungen nimmt es Rang 3 der meist verkauften Arzneimittel ein. Und schon in den 1990iger Jahren rangierte Voltaren® unter den ersten Zehn. Doch ist der hohe Verbrauch noch gerechtfertigt?

Voltaren® bietet der Pharmakonzern Novartis heute in mehreren Zubereitungen und für unterschiedliche Anwendungsgebiete an. Voltaren® Dragees, die 1976 zur Behandlung rheumatischer Beschwerden in den Handel kamen, haben den Grundstock für die Marke gelegt. Um nur einige weitere Beispiele zu nennen: Seit 1986 gibt es Voltaren® Emulgel® zur äußerlichen Behandlung auch von Zerrungen und Prellungen, seit 2004 verkaufen Apotheken Voltaren® Dolo-Tabletten (ohne Rezept) gegen Fieber und leichte Schmerzen.

Seit der Patentschutz für den Voltaren®-Wirkstoff Diclofenac abgelaufen ist, gibt es viele preisgünstigere Generika (siehe auch Tabelle Seite 6).

Zur Schmerzlinderung ziehen wir unter den rezeptfreien Schmerzmitteln Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Paracetamol vor. Denn im Bereich der Selbstbehandlung von Schmerzen sind die Erfahrungen für Diclofenac im Vergleich zu den anderen genannten Schmerzmitteln bislang relativ gering (vgl. GPSP 1/2008, S. 3).

Die Wirkstoffmenge in rezeptfreien Präparaten darf wahrscheinlich demnächst insgesamt 300 mg Diclofenac – also beispielsweise 12 Tabletten zu 25 mg in einer Packung – nicht mehr überschreiten. Dies hat der zuständige Ausschuss für Verschreibungspflicht am 26. Juni 2012 beschlossen. Der Grund: Die unerwünschten Wirkungen nehmen mit der Einnahmedauer und der Höhe der Dosis zu.1 Das Bundesgesundheitsministerium muss das Sachverständigenvotum noch bestätigen.

Auch von Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Naproxen sollen Apotheken künftig nur noch Packungen für maximal vier Tage rezeptfrei verkaufen dürfen. Für Paracetamol gibt es ohnehin schon eine Begrenzung, die in etwa dieser Regelung entspricht (GPSP 3/2012, S. 5).

Die verschiedenen äußerlich anzuwendenden Mittel mit Diclofenac oder ähnlichen Wirkstoffen (etwa Ibuprofen) lindern Beschwerden meist nur kurzzeitig. Für länger als zwei Wochen sind sie deshalb in der Regel nicht sinnvoll.2 Egal ob Gel oder Spray, es lässt sich kein Vorteil für den einen oder anderen Wirkstoff oder die eine oder andere Anwendungsform nachvollziehbar belegen. Voltaren® Emulgel® ist doppelt so teuer wie Diclofenac-Gele anderer Anbieter (vgl. Tabelle).

Äußerliche Zubereitungen mit weniger als 5% Diclofenac sind rezeptfrei (z.B. Voltaren® Schmerz Gel). Wird im Beipackzettel jedoch auch eine Anwendung bei oberflächlichen Venenentzündungen empfohlen – wie bei Voltaren® Emulgel® – ist ein Rezept erforderlich, obwohl beide Präparate gleich viel Wirkstoff enthalten. Der Hintergrund: Venenentzündungen soll ein Arzt oder eine Ärztin behandeln.

Innerlich eingenommen lindert Diclofenac jeweils nur wenige Stunden die Schmerzen und Entzündungssymptome beispielsweise bei chronischer Arthritis oder Reizzuständen bei Arthrosen. Patienten müssen es daher zwei- bis dreimal täglich schlucken. Bei Retardtabletten mit verzögerter Wirkstofffreisetzung genügt hingegen die einmal tägliche Einnahme. Eine Tagesdosis von 150 mg ist das oberste Limit.

Wegen des Risikos zahlreicher unerwünschter Wirkungen nehmen heute Bedenken gegenüber Diclofenac zu. Wie bei anderen entzündungshemmenden Rheumamitteln, können in Abhängigkeit von Dosis und Einnahmedauer Magen-Darm- Beschwerden bis hin zur Magenblutung, Anschwellen der Beine (Ödeme), Blutdruckanstieg oder eine Beeinträchtigung der Nierenfunktion auftreten. In klinischen Studien sind häufiger als bei anderen Rheumamitteln die Leberwerte erhöht. Schwere Leberschäden sind zu befürchten, wenn Diclofenac längere Zeit eingenommen wird. Weil noch andere unerwünschte Wirkungen, insbesondere am Herzen, möglich sind, gilt derzeit zur längerfristigen Linderung rheumatischer Beschwerden Naproxen als bessere Wahl.3 Gut geeignet und wichtig ist Diclofenac nach wie vor zur Behandlung akuter schmerzhafter Gelenkentzündungen bei Gichtanfällen.

Präparate aus der Voltaren®-Reihe haben viele Anwendungsgebiete. Die Bedeutung des Wirkstoffes Diclofenac nimmt allerdings ab. Zur Linderung leichter bis mäßig starker Schmerzen mit rezeptfreien Mitteln ziehen wir Präparate mit Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Paracetamol vor.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2012 / S.05