Zum Inhalt springen
© piotr_malczyk-iStock

Rechtswidrig mit Vitamin D angereicherte Lebensmittel

Warum das Vitamin illegal und schädlich sein kann

Mit einem Glas Saft, einer Portion Cornflakes oder einem Bonbon den Vitamin D-Speicher im Körper füllen: Angereicherte Lebensmittel machen das möglich. Viele dieser Vitamin D-reichen Produkte sind in Deutschland aber unerlaubt im Handel. Und viel davon zu essen kann der Gesundheit schaden.

Wenn Hersteller verarbeiteten Lebensmitteln Vitamine und Mineralstoffe zusetzen, dann entstehen sogenannte angereicherte Lebensmittel. Der Name klingt positiv. Ja, angereicherte Lebensmittel sind reich an einzelnen wertgebenden Nährstoffen. Das liefert den Herstellern ein Verkaufsargument, sodass sie Produkte freiwillig anreichern. Unter Umständen dürfen sie sogar mit gesundheitsbezogenen Aussagen wie „Vitamin D trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei“ werben.

In Deutschland verboten …

Aber: Das Anreichern von Lebensmitteln mit Vitamin D ist laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und Co. gar nicht empfehlenswert.1 Und es ist in vielen Fällen verboten. Die Verbraucherzentralen stellten bei einem Marktcheck im Jahr 2021 fest, dass in einer Stichprobe von 112 Produkten bei 68 Vitamin D zugesetzt war, obwohl die in Deutschland notwendige Erlaubnis dafür fehlte.2

… in der EU erlaubt

In der Europäischen Union (EU) gibt es eine Verordnung, die regelt, wie Lebensmittel mit Vitaminen und Mineralstoffen angereichert werden dürfen. Danach ist die Anreicherung mit Vitamin D grundsätzlich erlaubt. In der Verordnung steht allerdings auch, dass für die Anreicherung von Lebensmitteln Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe festgelegt werden sollen. Das geschah bisher nicht. Folglich wird nationales Recht angewendet: Nach der in Deutschland gültigen Verordnung über vitaminisierte Lebensmittel dürfen nur Margarine und andere Streichfette mit Vitamin D angereichert werden. Für alle anderen Lebensmittel ist Vitamin D tabu. Es sei denn, der Hersteller erhält vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) eine gesonderte Erlaubnis. Oder es handelt sich um Lebensmittel, die mittels UV-Bestrahlung mit Vitamin D angereichert wurden. Das ist für Pilze, Milch, Bäckerhefe und Hefebrot erlaubt, die nach der Verordnung über neuartige Lebensmittel (Novel Food) zugelassen sind.

Neben häufig fehlender Erlaubnis bemängelten die Verbraucherzentralen auch, dass angereicherte Lebensmittel im Angebot waren, denen laut Empfehlungen des BfR gar kein Vitamin D zugesetzt werden sollte. Dazu gehören etwa Getränke, Smoothies und Süßigkeiten. In der genannten Stichprobe waren es 48 Produkte. Außerdem enthielten 13 Produkte, für die eine Anreicherung möglich ist, mehr Vitamin D als die vom BfR empfohlene Höchstmenge. Das ist kritisch, vor allem bei Produkten, die Menschen in größeren Mengen verzehren.

In hoher Dosis schädlich

Vitamin D ist lebenswichtig, keine Frage. Aber bei übermäßiger Aufnahme kann es schädlich sein. Und das kann mit angereicherten Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln und/oder hochdosierten Medikamenten leicht passieren. Dann kann es akut zu Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen oder in schweren Fällen zu Nierenschäden und Herzrhythmusstörungen kommen. Da Vitamin D im Fett- und Muskelgewebe gespeichert werden kann, ist auch eine schleichende Überdosierung möglich.

Deshalb sollten Kinder bis zum Alter von 10 Jahren insgesamt nicht mehr als 50 Mikrogramm und Erwachsene nicht mehr als 100 Mikrogramm Vitamin D pro Tag aus Lebensmitteln aufnehmen. Das schließt angereicherte Produkte und Vitamin D-Präparate ein. Eine Überdosis durch zu viel Sonne oder natürlicherweise Vitamin D-haltige Lebensmittel wie Fisch, Ei und Butter ist zum Glück nicht möglich.1

Der Schein trügt

Lebensmittel, die angereichert sind und gesundheitsbezogene Aussagen tragen, sind nicht zwangsläufig sinnvoll für die Ernährung. Laut Verbraucherzentralen werden Lebensmittel mit zugesetzten Vitaminen durch die Werbung häufig als besser dargestellt wie sie sind. Denn viele der Produkte haben insgesamt ein ungünstiges Nährwertprofil, zum Beispiel weil viel Zucker drin ist.2

Die meisten Menschen brauchen keine angereicherten Lebensmittel und keine Nahrungsergänzungsmittel. Bei Vitamin D reicht die Ernährung mit den wenigen natürlicherweise Vitamin D-haltigen Lebensmitteln für eine wünschenswerte Versorgung zwar allein nicht aus. Aber die Bildung von Vitamin D in der Haut durch Sonnenbestrahlung ist sowieso die Hauptquelle.

In der Sonne Vitamin D tanken

Bei starker Sonne, die wir hierzulande von Frühling bis Herbst haben, kann der Körper in kurzer Zeit ausreichend viel Vitamin D bilden. Dafür reicht es je nach Hauttyp aus, zwei bis dreimal die Woche circa 5 bis 25 Minuten pro Tag mit Gesicht, Händen und Armen unbedeckt in der Sonne zu sein. Längere Bestrahlung der ungeschützten Haut führt nicht zu mehr Vitamin D, sie erhöht nur das Risiko für Gesundheitsschäden durch UV-Strahlen. Im Winter reicht die Sonne zum Bilden von Vitamin D nicht aus, aber der Körper kann auf den zuvor angelegten Speicher an Vitamin D zurückgreifen.1,4

Wenn Vitamin D nachweislich fehlt

Wenn aber ein Mangel an Vitamin D ärztlich diagnostiziert wurde, sollte gezielt ein Vitamin D-Präparat eingenommen werden. Ein erhöhtes Risiko für Vitamin D-Mangel haben hierzulande Menschen mit dunkler Hautfarbe (bei ihnen bildet sich Vitamin D langsamer als bei Menschen mit heller Haut) und Menschen, die sich kaum, gar nicht oder nur mit ganz bedecktem Körper draußen aufhalten. So kommt es bei immobilen, chronisch kranken und pflegebedürftigen älteren Menschen häufiger zu einem Mangel. Auch, weil mit dem Alter die Fähigkeit der Haut abnimmt, Vitamin D zu bilden. Außerdem sind Säuglinge eine Risikogruppe. Ihre Haut ist noch sehr empfindlich, sie sollen deswegen nicht direkter Sonne ausgesetzt werden. Und sie nehmen mit Muttermilch sehr wenig Vitamin D auf. Deshalb erhalten Babys im ersten Lebensjahr Vitamin D-Tabletten, um Rachitis, also einer Knochenerweichung und -verformung, vorzubeugen.