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Überläufer: EMA-Chef geht zur Industrie

Die europäische Behörde EMA lässt viele Medikamente zu, die auch in Deutschland verkauft werden. Der bisherige Direktor der Behörde wechselte jetzt direkt in die Chefetagen der Pharmaindustrie.

Zehn Jahre leitete Thomas Lönngren die EMA in London. Als Ende 2010 seine Amtszeit endete, hatte er alles vorbereitet, um am nächsten Tag ein Beratungsunternehmen für exakt solche Firmen zu eröffnen, die er vorher kontrolliert hatte. Doch damit nicht genug: Innerhalb von Wochen wurde er Mitglied in Beiräten der Pharmahersteller Novo Nordisk und Lundbeck sowie „Senior Advisor“ für Investitionen im Gesundheitssektor der US-Bank Goldman Sachs.1 Der Coup aber ist ein Aufsichtsratsposten bei CBio, der den Aktienkurs der Biotech-Firma um 29% hochkatapultierte. Das ist ganz im Sinne von Lönngren, denn Teil des Deals sind Aktienoptionen auf eine Million CBio-Anteile zum Nennwert von einem US$.2

Eigentlich sollte ein solcher Seitenwechsel in der EU gar nicht mehr möglich sein. Denn als Folge einiger Skandale müssen EU-Mitarbeiter nach ihrem Weggang ihre Vorgesetzten zwei Jahre lang über alle beruflichen Aktivitäten informieren. Gibt es dabei Interessenkonflikte, kann die EU durchaus Tätigkeiten untersagen. Dass das Aufsichtsgremium der EMA die Aktivitäten Lönngrens genehmigte, ist ein Skandal. Fünf internationale Organisationen protestierten deshalb beim zuständigen EU-Gesundheitskommissar John Dalli und forderten eine Überprüfung der Aktivitäten des Ex-Kontrolleurs.3 Kurz vor Redaktionsschluss erfuhren wir, dass die EMA aufgrund des Protestes einige halbherzige Einschränkungen verfügt hat.4

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2011 / S.04