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© Jeanette Dietl –Fotolia.com

Sind das die Wechseljahre?

Urintests sollen Auskunft geben

„Gesundheit einfach selbst testen!“ Unter diesem Motto vermarkten diverse Anbieter Selbsttests. Bezahlen muss man sie aus dem eigenen Portemonnaie. Doch welchen praktischen Nutzen hat das Ergebnis? Brauchen Frauen beispielsweise einen Nachweis dafür, dass die Wechseljahre angefangen haben?

Unregelmäßige Monatsblutungen und Hitzewallungen – mit solchen Anzeichen beginnen bei vielen Frauen um die Fünfzig die Wechseljahre. Bemerkbar machen sie sich meist einige Zeit vor der letzten Regelblutung (Menopause), also am Ende der Fortpflanzungsphase. Die Symptome entstehen, wenn die Produktion von weiblichen Geschlechtshormonen (Östrogenen, Gestagenen) in den Eierstöcken nachlässt und in der Folge mehr follikelstimulierendes Hormon (FSH) gebildet wird.

Plausibel, aber nicht belegt

Da FSH über die Nieren ausgeschieden wird, ist FSH im Urin messbar. Apotheken und diverse Internetanbieter verkaufen auf dieser Grundlage „Menopausentests“ (etwa Stada Menopause Selbsttest, MenoQUICK oder OneStep Menopause). Laut Werbung1 sollen solche Selbsttests einen Hinweis darauf geben, ob sich eine Frau ab 45 Jahren mit unregelmäßigen Blutungen oder Hitzewallungen möglicherweise in den Wechseljahren befindet. Vorgeschlagen werden zwei Tests im Abstand von fünf bis sieben Tagen, um vorübergehende Schwankungen der FSH-Produktion oder FSH-Ausscheidung zu berücksichtigen. Der Grenzwert, ab dem der Urintest in diesem Sinne positiv ausfällt, erlaubt übrigens keine sichere Aussage: Ein Expertengremium erachtet diesen Wert zwar als charakteristisch für eine späte Phase der Wechseljahre, allerdings wurde er lediglich nachträglich aus Untersuchungen abgeleitet. Ob er die Menopause sicher vorhersagen kann, ist bisher nicht belegt.2

Was heißt „genau“?

Das verschweigt die Werbung. Stattdessen werden Frauen mit dem Versprechen einer „hohen Genauigkeit“ (beim Test von Stada 92,8%, bei anderen Tests noch höhere Angaben) zum Kauf gelockt. Doch ein hoher Prozentwert bedeutet nicht, dass der Test tatsächlich verlässliche Aussagen zu den Wechseljahren oder der Menopause macht – sondern lediglich, dass die im Urin gemessenen Werte gut mit denen im Blut derselben Person übereinstimmen.

Jede Anwenderin sollte wissen, dass der Test falsche Ergebnisse liefert, wenn sie hormonelle Verhütungsmittel anwendet, etwa die Pille.

Und die Folgen …

Was bedeutet ein positives Testergebnis? Die Anleitung zum Menopausentest von Stada schlägt vor, dass sich die Anwenderin bei zwei positiven Tests von ihrer Gynäkologin bestätigen lässt, dass sie sich tatsächlich in den Wechseljahren befindet. Fällt der zweite Test negativ aus, soll die Anwenderin laut Packungsbeilage nach 40 bis 60 Tagen den Test wiederholen oder aber gleich mit ihrer Frauenärztin sprechen.

Doch warum? Frauen um die Fünfzig merken, wenn sich ihr Körper verändert, und spüren den Beginn der Wechseljahre. Brauchen sie es schwarz auf weiß? Lohnt es, pro Test rund 15 € auf den Tisch zu legen?

Weder die Wechseljahre noch die Menopause sind eine Krankheit, sondern – wie die Pubertät – Ausdruck einer Lebensphase mit einer Umstellung des Körpers, die früher oder später einsetzt, länger oder kürzer dauert, mit mehr oder weniger Beschwerden verbunden ist.

Ob eine Behandlung solcher Beschwerden sinnvoll und nützlich ist, ergibt sich aus der aktuellen Situation3 und sollte mit der Frauenärztin überlegt werden. Gewonnen ist mit diesem Test also nichts – es lässt sich nicht einmal ein Arztbesuch einsparen.

Ungewollt schwanger

Ein positiver Menopausentest kann sogar ungeahnte und ungewollte Folgen haben: Nämlich dann, wenn eine Frau durch das Testergebnis zu dem Fehlschluss kommt, sie könne nicht mehr schwanger werden und auf Verhütungsmittel verzichtet. In den Wechseljahren ist die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft zwar sehr gering, aber dennoch vorhanden. Deshalb warnt etwa die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA explizit davor, bei einem positiven Menopausentest Verhütungsmittel abzusetzen.4

Das heißt: Der Selbsttest liefert keine Informationen, die der Anwenderin tatsächlich nützen. Das Geld können Sie sich also sparen. Und wenn Sie unerklärliche Beschwerden haben, sollten Sie lieber gleich in eine frauenärztliche Praxis gehen.

 

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2016 / S.12