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©Jörg Schaaber

Auf den Cent genau

Eigenanteil bei Medikamenten und Krankengymnastik usw.

Die Praxisgebühr betrifft seit dem 1. Januar 2004 jeden, der einen Arzt aufsucht und nicht privat versichert ist. Aber kaum jemand weiß genau, unter welchen Umständen man zur Zuzahlung verpflichtet ist und in welchen Situationen diese entfällt.

Im Sozialgesetzbuch V ist beschrieben,1 welche Belastungen der Gesetzgeber den gesetzlich Versicherten zusätzlich zu den monatlichen Krankenkassenbeiträgen zumutet. Kinder und Schwangere sind meist von Zuzahlungen befreit (siehe Kästen). Die Regelungen für Zahnbehandlung haben wir wegen ihrer Komplexität in dieser Aufstellung nicht berücksichtigt.

PraxisgebührPraxisgebühr

Erwachsene müssen jeweils 10 € pro Quartal bei dem Besuch des Arztes zahlen. Ausgenommen davon sind Termine für Schutzimpfungen und Vorsorgeuntersuchungen, da der Gesetzgeber keinen Widerstand gegen diese vorbeugenden Maßnahmen erzeugen möchte.

Stellt der Arzt, an den die Praxisgebühr gezahlt wurde, eine Überweisung an einen weiteren Arzt aus, fällt dort keine weitere Praxisgebühr an. Kinder müssen keine Praxisgebühr bezahlen (Regelungen für Schwangere siehe Kasten).

NotfallklinikNotfälle

Nimmt der Versicherte einen Bereitschaftsarzt in Anspruch oder sucht er die Notfallambulanz eines Krankenhauses auf, werden auch dort 10 € pro Quartal fällig.

MedikamenteMedikamente

Grundsätzlich zahlt die Krankenkasse nur noch rezeptpflichtige Arzneimittel (Ausnahmen siehe weiter unten). Dabei müssen Personen über 18 Jahre 10% des Preises der verschriebenen Medikamente als Rezeptgebühr in der Apotheke entrichten; mindestens jedoch 5 € und höchstens 10 € pro Arzneimittel. Man muss aber nie mehr als den Preis des Mittels zahlen. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre zahlen nichts.

Zuzahlung (Rezeptgebühr): Für ein 24 € teures Medikament zahlt der Versicherte 5 €, also mehr als 10%. Bei einem Preis von 68 € beträgt die Zuzahlung 6,80 €, also 10%. Für ein Präparat, das 500 € kostet, zahlt man 10 €, also deutlich weniger als 10%. Liegt der Preis unter 5 €, bezahlt der Versicherte nur den tatsächlichen Preis des Arzneimittels.

Eine weitere Besonderheit ergibt sich für Medikamente, die der Festbetragsregelung unterliegen. Dabei handelt es sich überwiegend um Arzneimittel, die auch als preiswerte Kopien – so genannte Generika – angeboten werden (siehe GP-SP Nr. 1/2005, Seite 9), oder um Medikamente mit therapeutisch vergleichbarer Wirkung. Für diese werden obere Preisgrenzen festgelegt (Festbeträge), bis zu denen die Krankenkassen die Kosten übernehmen. Ist ein Arzneimittel aus dieser Gruppe teurer als der Festbetrag, muss zusätzlich zur Zuzahlung von 5 € bis 10 € Rezeptgebühr  die Differenz zum Festbetrag in der Apotheke bezahlt werden. Diese Regel gilt auch für Kinder (bei denen jedoch die Rezeptgebühr entfällt)! Es gibt aber immer gleichwertige Mittel, für die keine zusätzliche Zahlung erforderlich ist, weil der Festbetrag nicht überschritten wird.

Arzneimittel über dem Festbetrag: Hat der Arzt beispielsweise den Blutfettsenker Sortis® (Atorvastatin) verordnet (100 Tabletten zu 10 mg kosten 102,61 €), sind in der Apotheke 10 € Zuzahlung plus 35,25 € für die Differenz zwischen dem Verkaufspreis von Sortis® und dem Festbetrag von 67,36 € zu bezahlen. Da dieses Mittel keine Vorteile gegenüber anderen Bluttfettsenkern bietet, ist diese Extra-Ausgabe allerdings in der Regel überflüssig (siehe Kasten: Firmen fürchten Festbeträge).

Für rezeptfreie Arzneimittel gibt es Ausnahmeregelungen. Sie werden für Kinder bis zum 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr erstattet. Die Kosten für rezeptfreie Medikamente werden bei Erwachsenen nur bei der Behandlung schwer wiegender Erkrankungen übernommen, wenn diese zum Therapiestandard gehören – also üblich und notwendig sind. Eine Liste dieser Medikamente kann man beim Gemeinsamen Bundesausschuss einsehen.3

VerbandmittelVerbandmittel

10% des Preises des verschriebenen Verbandmittels sind als Rezeptgebühr in der Apotheke zu entrichten; mindestens jedoch 5 € und höchstens 10 € pro Mittel. Man muss aber nie mehr als den Preis des Mittels zahlen. Windeln können von der Hausärztin oder dem Hausarzt für Patienten mit Blasen- oder Darmschwäche verordnet werden und kosten 10% des Preises; höchstens jedoch 10 € im Monat.

MassageKrankengymnastik, Massagen, Logopädie, Ergo­therapie

Der Patient muss 10 % der Kosten und zusätzlich 10 € pro Rezept aus eigener Tasche bezahlen. Seit dem 1. Juli 2005 haben sich die Kriterien für die Verschreibung dieser Heilmittel drastisch verschärft. So wurde für jede Krankheit eine Höchstmenge an Massagen, Krankengymnastik usw. festgelegt.

 Fahrtkosten

Die Krankenkassen übernehmen anteilig die Fahrtkosten zur Dialyse, Chemotherapie oder Bestrahlung. Schwerbehinderten, die vom Versorgungsamt einen Ausweis mit dem Merkmal aG, Bi oder H erhalten haben, sowie Patienten mit anerkannter Pflegestufe 2 oder 3 kann der Arzt medizinisch notwendige Fahrten verordnen. In allen Fällen trägt der Fahrgast 10 % der Fahrtkosten, jedoch mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro pro Fahrt.

KrankenhausStationäre Aufenthalte in Krankenhäusern, Reha-Kliniken und Kurkliniken

Pro Tag zahlt der Patient 10 €. Maximal 28 Tage im Jahr werden berechnet.

Hausliche KrankenpflegeHäusliche Kranken­pflege

Mit 10% und zusätzlich 10 € pro ärztlicher Verordnung müssen sich die Patienten an den Kosten der Hauskrankenpflege beteiligen.  Üblicherweise stellt der behandelnde Arzt einmal im Quartal eine Verordnung aus.

Belastungsgrenze

Man kann sich leicht vorstellen, dass die Zuzahlungen schnell zur finanziellen Belastung werden können. Aus diesem Grund gibt es eine Obergrenze für Zuzahlungen.3 Ausgaben für rezeptfreie Arzneimittel, die selbst bezahlt werden müssen, können dabei allerdings nicht geltend gemacht werden. Die Belastungsgrenze beträgt 2% des Bruttoeinkommens eines Jahres. Leben mehrere Personen im Haushalt, wird deren gemeinsames Einkommen zugrundegelegt, allerdings verringert sich für jedes Familienmitglied auch die Belastungsgrenze. Ein Zuzahlungsrechner hilft bei der Berechnung (siehe „Was ist wichtig?“).

Leidet der Versicherte an einer dauerhaften, so genannten chronischen Erkrankung, reduziert sich die Belastungsobergrenze auf 1%. Dann zahlt der chronisch Erkrankte also maximal 1% seines Bruttojahreseinkommens. Dies entspricht bei einem Bruttoeinkommen von 2000 € im Monat (24.000 €/Jahr) 240 € im Jahr. Der Hausarzt stellt für dauerhaft Kranke die erforderliche Bescheinigung aus.

Zahlt der Patient so viel, dass die Belastungsgrenze erreicht wird, erhält er von seiner Krankenkasse einen Befreiungsausweis, der ihn von weiteren Zuzahlungen befreit. Wenn sich am Anfang des Jahres schon abzeichnet, dass die Belastungsgrenze erreicht werden wird, besteht die Möglichkeit, 2% des Bruttojahreseinkommens, bzw. bei chronischer Erkrankung 1%, direkt an die Krankenkasse zu überweisen. Im Gegenzug stellt die Kasse einen Befreiungsausweis aus, der dem Kranken das lästige Sammeln der Quittungen erspart.

Was ist wichtig?

Vorsorgeuntersuchungen und Schutzimpfungen sind immer zuzahlungsfrei. Kinder und Schwangere sind von Zuzahlungen befreit.
Versicherte können sich von Ihrer Krankenkasse ein Heftchen geben lassen, in dem sie alle Zuzahlungen eintragen lassen – das erleichtert den Überblick.

Weitere Informationen über Zuzahlungen gibt Ihnen Ihre Krankenkasse. Die Kassen informieren auch im Internet.
Die BKK bietet z.B. einen relativ guten Überblick über die verschiedenen Zuzahlungsregelungen und einen Zuzahlungsrechner, mit dem Sie ausrechnen können, wann Ihre Belastungsgrenze erreicht ist: http://www.bkk.de/bkk/powerslave,id,239,nodeid,.html

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2005 / S.06