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©Elke Brüser

Antidepressivum Escitalopram

Nicht besser, aber teurer

Das Marketing von Pharmafirmen ist kreativ und erfolgreich. Der Hersteller Lundbeck schaffte es, Escitalopram (Cipralex®) mit jährlich 47,5 Millionen Tagesdosen und 60 Mio. Euro Umsatz zu einem der gewinnträchtigsten Antidepressiva zu machen. Dabei wirkt es gar nicht besser als sein älterer Bruder, das Citalopram.1

Auch Citalopram stammt von Lundbeck. Kurz nach Ablauf des Patents und damit des Vermarktungsmonopols für diesen Wirkstoff brachte die Firma Escitalopram auf den Markt. Im Grunde handelt es sich dabei um die selbe aktive Substanz. Denn das neue Escitalopram enthält die wirksame „Hälfte“ von Citalopram, das ein Gemisch aus zwei spiegelbildlich identischen Molekülen ist. Von denen ist nur eines wirksam.2

Heiße Luft

Warum also die ganze Mühe? Es gibt inzwischen Generika mit dem Wirkstoff Citalopram, die lediglich ein Sechstel des Originalmedikaments von Lundbeck kosten. Escitalopram gilt als patentierbare Erfindung und lässt sich wegen fehlender Konkurrenz teuer verkaufen. Lundbeck hat das Mittel mit geschicktem Marketing als „kräftige Innovation“ angepriesen und mit unzutreffenden Behauptungen zur angeblichen Überlegenheit von Escitalopram gegenüber Citalopram lanciert.3

Dabei sehen unabhängige Arzneimittelzeitschriften und die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft keinen zusätzlichen Nutzen von Escitalopram.3,4 Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), der für die Erstattungsfähigkeit von Medikamenten durch die Krankenkassen zuständig ist, hat kürzlich alle vorhandenen Studien noch einmal kritisch unter die Lupe genommen und festgestellt, dass es keine wissenschaftlich belegten Vorteile der „neuen“ Substanz gibt. Deshalb wurde jetzt beschlossen, dass Escitalopram nicht mehr kosten darf als Citalopram.

Verwirrung stiften

Der Hersteller wurde daraufhin auf seine Art aktiv: Beispielsweise gab er „exklusiv“ Informationen an die „Presseagentur Gesundheit“. Deren Infodienst OPG wird auch von vielen gesundheitspolitischen Entscheidungsträgern gelesen. Die finden darin nur einseitig die Positionen von Lundbeck. Wer hingegen die über 100-seitige Auswertung des G-BA liest, dem wird auffallen, dass der Hersteller die angebliche Überlegenheit von Escitalopram nicht belegen kann und die Firma in der mündlichen Anhörung des G-BA kaum eine Frage überzeugend beantworten konnte.5

Lundbeck hat trotzdem angekündigt, keinesfalls den Preis von Escitalopram zu senken. Das würde für Patienten und Patientinnen Zuzahlungen von 100-150 € pro Quartal bedeuten. Wir empfehlen die Umstellung auf die preiswerte Muttersubstanz Citalopram, wenn ein Antidepressivum aus dieser Wirkgruppe sinnvoll erscheint und helfen könnte.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2011 / S.11