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© Kwangmoozaa/iStock

Naturmedizin: Lobbyismus mit „Bürgergutachten“?

„Das erste deutsche Bürgergutachten Gesundheit zeigt der Politik, wie sich unser Gesundheitssystem verändern muss“, so der Titel einer neuen Publikation. Schön, wenn zufällig ausgewählte Bürger:innen über Stärken und Schwächen der Versorgung diskutieren. Zweierlei ist dabei ziemlich wichtig: Welche Fragen werden überhaupt gestellt, und wer gibt den inhaltlichen Input für die Debatten?

Die Themen haben die beiden Auftraggeber vorgegeben: Gesundheit aktiv e.V. „hat seine Wurzeln … in der Anthroposophischen Medizin“. Natur und Medizin e.V. meint, dass Ärzt:innen „der Zukunft zwei Sprachen sprechen (sollen), die der Schulmedizin und die der Naturheilkunde und Homöopathie“.

Damit der gezielte Lobbyismus nicht so auffällt, werden im Bürgergutachten auch unkontroverse Themenblöcke wie „gesündere Lebensumgebungen“ dis­kutiert und auch unabhängige Ex­pert:innen eingespannt.

Zum Bereich Herz-Kreislauf-Erkrankungen darf nach einem Kardiologen dann aber der Direktor eines Zentrums für Naturheilkunde und Integrative Medizin vortragen. Kein Wunder, dass anschließend die meisten Teilnehmer:innen den „Zugang zu Behandlungsalternativen/Integrativmedizin“ wichtig finden.

Beim Thema „Was heißt, es wirkt, und wer entscheidet?“ referiert erst ein Vertreter des IQWiG. Danach kommt aber der Chefarzt einer Klinik für den Bereich Naturheilkunde und integrative Medizin zu Wort. Resultat: Die Bürger:innen fordern anschließend, dass ein „breiteres Spektrum an Expert:innen und Patient:innen ein Mitspracherecht erhalten“ und es „sollte auch ein Budget für Leistungen aus dem Bereich integrativer Medizin bereitgestellt werden.“

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2022 / S.03