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©BorisRabtsevich/iStock

Migräne: Mehr Kopfschmerzen durch Interessenskonflikte

Warum eine Leitlinie kaum Orientierung bietet

Migräne kann fies sein: Pochende Kopfschmerzen, Übelkeit und dann auch noch Lichtempfindlichkeit. Verständlich, dass das Interesse groß ist, wenn es neue Medikamente dagegen gibt. Sogar die Tagesschau berichtet.1 Aber wie! Sie bietet zwei Autoren einer neuen S1-Leitlinie2 eine Bühne und hält ihnen ein Mikrofon hin.3 Geht das nicht schief?

Und wie! Im Licht der Scheinwerfer verschwinden ja gerne die Schattenseiten. Zum Beispiel, dass die Bretter der Bühne ziemlich dünn sind. Denn die erwähnte Leitlinie basiert lediglich auf einem Expert:innenkonsens.4 Oder, dass die Behauptung, es gäbe so viele neue Medikamente wie in den letzten 20 Jahren nicht mehr, einen Haken hat: Viele der neuen Mittel wirken gegen den akuten Schmerz nur ähnlich gut wie etablierte Schmerzmittel, können aber schon mal das Hundertfache kosten.5

Schattig ist auch das Gerät, mit dessen Hilfe die Schmerzen während der Migräneattacke nachlassen sollen.6 Und natürlich taucht der Hersteller, die ­Pharmafirma betapharm, gleich dreimal in der Sponsorenliste der Leitlinien-Autoren auf. Ohnehin ist die Liste mit ­Interessenkonflikten lang, vollgepackt mit Pharma­firmen, von denen viele auch Migräne-Mittel herstellen. Sie haben gute Verbindungen zu 24 der 33 Leitlinien-Autor:innen. Zudem haben alle vier Koordinator:innen, die den Expert:innenkonsens organisierten, Interessenkonflikte. Das Ergebnis? In der Leitlinie werden so viele Medikamente empfohlen, dass einem der Kopf schon beim Lesen weh tut.

Vorbildlich, dass die Leitlinie so viele Interessenkonflikte auflistet, besser wäre es allerdings, es gäbe keine. Und schade, dass die Tagesschau den Scheinwerfer nicht darauf richtet. Der pochende Schmerz nähme wohl im hellen Licht zu stark zu!?

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2025 / S.28