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© HT pix/iStockphoto.com

Lücken im Beipackzettel

Richtiger Umgang mit Wirkstoffpflastern

Wirkstoffpflaster gelten als einfach in der Handhabung – aber die Details haben es in sich. Was müssen Patientinnen und Patienten für eine sichere Anwendung wissen?

Die Anwendungsgebiete von Wirkstoffpflastern sind sehr vielfältig und reichen von Verhütung über Parkinson-Behandlung und Raucherentwöhnung bis hin zur Schmerztherapie. Was von außen relativ unspektakulär aussieht, enthält im Inneren jedoch ausgeklügelte Technologie: Die Wirkstoffpflaster – im Fachjargon „transdermale therapeutische Sys­teme“ (TTS) genannt – enthalten eine größere Menge an Arzneistoff, der nach und nach abgegeben wird. Wichtig zu wissen: Der Arzneistoff wird über die Haut ins Blut aufgenommen und verteilt sich dann im Körper. Er wirkt also nicht nur an der Stelle, an der das Wirkstoffpflaster aufgeklebt ist.

Zu wenig Details

Leider enthalten die Beipackzettel in vielen Fällen nicht alle nötigen Hinweise. Zu diesem Ergebnis kam eine 2019 veröffentlichte Analyse, die die Packungsbeilagen aller in Deutschland verfügbaren Wirkstoffpflaster un­tersucht hat.1 Von den 28 Hinweisen, die die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als notwendig erachteten, fanden sich – je nach Wirkstoff – nur zwischen 14 und 24 Hinweise. Und selbst bei wirkstoffgleichen Präparaten unterschieden sich die Packungsbeilagen teilweise erheblich.

An die richtige Stelle

Was ist jetzt bei der Anwendung von Wirkstoffpflastern zu beachten? Das beginnt bereits bei der Auswahl der Klebestelle: Gut geeignet ist zum Beispiel die äußere Seite des Oberarms, aber auch die Hüfte, der untere Rücken oder der Bauch – möglichst so, dass die Kleidung nicht am Pflaster scheuert. Denken Sie daran: Hormonhaltige Wirkstoffpflaster dürfen nicht auf die Brüste geklebt werden, da das Gewebe empfindlich auf Hormone reagiert. Um Reizungen durch den Kleber auf dem Wirkstoffpflaster zu vermeiden, ist es günstig, eine Stelle auszuwählen, die nicht bereits gerötet oder anderweitig verletzt ist.

Haarige Angelegenheit

Damit das Wirkstoffpflaster richtig klebt, empfiehlt sich eine Hautstelle, die möglichst unbehaart ist. Das macht sich auch spätestens beim Entfernen des Pflasters wieder bezahlt, weil es dann weniger ziept. Ansonsten können die Haare auch mit einer Schere vorsichtig gestutzt werden. Aber bitte nicht rasieren, da dabei Hautreizungen und kleine Verletzungen entstehen können – dann gelangt mehr Wirkstoff als beabsichtigt in den Körper.

Damit es klebt

Die Hautstelle sollte außerdem sauber und trocken sein. Für die Reinigung empfiehlt sich ausschließlich warmes Wasser, da Seife oder andere Reinigungsmittel Hautreizungen durch das Pflaster begünstigen können. Körperlotionen oder andere Pflegeprodukte können die Klebekraft des Pflasters beeinträchtigen und manchmal auch die Aufnahme des Wirkstoffs in den Körper verändern. Also besser darauf verzichten.

Keine Tricks

Die Wirkstoffpflaster sind in der Regel einzeln verpackt. Beim Öffnen bitte keine Schere verwenden, weil möglicherweise das Pflaster versehentlich beschädigt wird. Das kann sich auf die Freisetzung des Wirkstoffs auswirken und in manchen Fällen zu Überdosierungen führen. Deshalb dürfen beschädigte Wirkstoffpflaster nicht verwendet werden.

Um das Pflaster aufzukleben, braucht es übrigens keine weiteren Hilfsmittel. Ist die Schutzfolie entfernt, kommt eine Klebefläche zum Vorschein. Damit lässt sich das Pflaster einfach auf die ausgewählte und eventuell vorbereitete Hautstelle aufkleben – aber bitte nicht die Klebefläche berühren, um die Klebefähigkeit nicht zu beeinträchtigen. Danach sollte das Pflaster mit der flachen Hand etwa 30 Sekunden angedrückt werden, damit es auch wirklich gut haftet. Es sind Fälle bekannt, in denen Patienten die Schutzfolie nicht entfernt haben, sondern das Wirkstoffpflaster mit Klebeband befestigt haben.2 Durch die Folie kann der Wirkstoff aber nicht in den Körper gelangen.

Händewaschen nach dem Anbringen des Pflasters entfernt eventuell vorhandene Wirkstoffreste und vermeidet so auch, dass andere damit in Kontakt kommen.

Wenn das Wirkstoffpflaster vor dem vorgesehenen Wechsel abfällt, bitte nicht wieder aufkleben (auch nicht mit Heftpflastern), sondern besser gleich ein neues Pflaster verwenden.

Nicht zu viel…

Wie häufig ein Wirkstoffpflaster gewechselt werden muss, ist übrigens sehr unterschiedlich: Nikotinpflaster zur Raucherentwöhnung beispielsweise müssen alle 24 Stunden ersetzt werden, Verhütungspflaster nur einmal in der Woche. Pflaster mit Opiod-Schmerzmitteln haben meist einen Wechselrhythmus von drei oder vier Tagen. In der Regel wird immer nur ein Pflaster gleichzeitig geklebt, Ausnahmen sind bei Schmerzmitteln möglich, die individuell dosiert werden. Deshalb ist es wichtig, zum Wechselrhythmus und zur Dosierung den Beipackzettel genau zu lesen.

Den Überblick behalten

Wer sich das nicht merken kann, ist vermutlich mit einer Notiz zum Datum des Wechsels und zur Hautstelle auf der Verpackung gut beraten. Das gilt auch dann, wenn Patientinnen und Patienten das Pflaster nicht selbst wechseln, sondern Angehörige oder ein Pflegedienst beteiligt sind. Bitte nicht auf das Pflaster selbst schreiben, um Beschädigungen zu vermeiden.

Damit nicht versehentlich ein altes Pflaster auf der Haut bleibt, ist es wichtig, beim Pflasterwechsel erst das alte Pflaster zu entfernen und dann das neue aufzukleben. Um Hautreizungen zu vermeiden und die Wirkstoffaufnahme nicht zu verändern, muss beim Wechsel immer eine neue Hautstelle gewählt werden. Kleben Sie ein Pflaster frühestens nach sieben Tagen auf eine bereits verwendete Stelle.

Keine Wärme

Wärme – etwa durch Heizdecke, Wärmflasche, Sauna, warme Bäder oder Sonneneinstrahlung – kann die Aufnahme des Wirkstoffs in den Körper beschleunigen und zu Überdosierungen führen. Während der Pflasteranwendung ist es deshalb sinnvoll, darauf zu verzichten.

Sicher lagern und entsorgen

Wirkstoffpflaster enthalten hoch wirksame Arzneistoffe. Deshalb ist es wichtig, sie von Kindern fernzuhalten. Um Verwechslungen zu vermeiden, ist es sinnvoll, sie nicht gemeinsam mit Heft­pflaster aufzubewahren.

Weil die Pflaster am Ende der Anwendung meist noch wesentliche Wirkstoffreste enthalten, ist auch eine sichere Entsorgung wichtig: Pflaster mit der wirkstoffhaltigen Klebeseite nach innen zusammenfalten und in einem geschlossenen Behälter so entsorgen, wie es in der jeweiligen Region zur Arzneimittelentsorgung vorgesehen ist.3

Entsorgung von Arzneimitteln
GPSP   3/2012, S. 6

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2020 / S.04