HPV-Impfung gegen Genitalwarzen bei Jungen
Sie hatten ja bereits in GPSP 6/2018, S. 10 über die dünne Datenlage zur Krebsprävention der HPV-Impfung bei Jungen berichtet. Die Urologin meines Sohnes hat uns nun diese Impfung auch als Schutz vor Anogenitalwarzen empfohlen. Laut Flyer schütze der Neunfachimpfstoff vor über 90% der Anogenitalwarzen. (Herausgeber des Flyers: Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. und Berufsverband der Deutschen Urologen e.V.) Mein Sohn und ich fragen uns nun, ob die Datenlage zum Schutz vor Anogenitalwarzen besser ist als die zur Krebsprävention, also eine Impfung als Schutz vor diesen unangenehmen Erkrankungen empfehlenswert ist? S. T.
GPSP : Die Datenlage zu Anogenitalwarzen ist besser als zur Krebsverhinderung, aber nicht so gut, wie das diese Fachgesellschaften suggerieren. Denn die in dem Flyer genannte Zahl von 90% bezieht sich nur auf einen Teil der tatsächlich aufgetretenen Anogenitalwarzen – nämlich diejenigen, die durch vier HPV-Typen ausgelöst wurden, gegen die der Impfstoff schützen soll.
Untersucht wurde die Wirksamkeit gegen Anogenitalwarzen nur für den ersten Gardasil-Impfstoff (HPV 6, 11, 16, 18). Auch in der Fachinformation für das heute verwendete Gardasil 9 (zusätzlich fünf weitere HPV-Typen) wird nur auf eine Studie Bezug genommen, die den alten Impfstoff untersucht hat.1 Bei dieser großen randomisierten kontrollierten Studie mit Männern zwischen 16 und 26 Jahren hatte ein Teil eine HPV-Infektion. Von 1.000 geimpften Männern bekamen 5 pro Jahr Genitalwarzen, von 1.000 ungeimpften Männern 16. Die relative Impfeffektivität betrug also etwa 60%.
Bei Männern ohne HPV-Infektion könnte die Impfung effektiver vor Genitalwarzen schützen. Dazu gehören alle, die noch nicht sexuell aktiv waren. Die genauen Zahlen zur Wirksamkeit sind aber unsicher. Ob dieser Schutz vor den unangenehmen, aber nicht gefährlichen Warzen eine fast 500 € teure Impfung wert ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Stand: 28. Februar 2020 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2020 / S.24