Informationsbremse EU Behörde „schützt“ Appetitzügler
Es ist kein Geheimnis, dass Mediziner von dem Nutzen eines Medikaments und seinen Schadwirkungen oft ein verzerrtes Bild erhalten, wenn sie Berichte über Studien in Fachzeitschriften lesen.1 Denn die Anbieter von Arzneimitteln finanzieren nicht nur die meisten Studien, sie sorgen auch dafür, dass vornehmlich diejenigen publik werden, die für ihre Präparate einen hohen Nutzen und nur geringe Risiken ausweisen. Untersuchungen, die für ihre Präparate ungünstig ausfallen, werden oft geschönt oder gar nicht veröffentlicht. Diese Schieflage in den Veröffentlichungen zum Positiven hin lässt sich dadurch ausgleichen, dass man alle Studien – auch die nicht publizierten – berücksichtigt. Genau darum ging es dem Leiter des dänischen Cochrane-Zentrums, das systematisch Studien auswertet, als er bei der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) nicht veröffentlichte Zulassungsdaten zu den Abnehmmitteln Orlistat (Alli® u.a.) und dem mittlerweile verbotenen Rimonabant anforderte. Denn seit Langem ist der Sinn von so genannten Appetithemmern umstritten und ihre unerwünschten Wirkungen werden offenbar verharmlost.2 Drei Jahre hat die EMA den dänischen Wissenschaftler zappeln lassen, bevor sie ihm die Unterlagen zukommen ließ. Allerdings nicht freiwillig, denn für notwendige Transparenz sorgte die Behörde erst, als sie der EU-Ombudsmann per Presseerklärung deutlich kritisiert hatte.3
Stand: 1. Dezember 2011 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2011 / S.09