Kalter Kakao
War doch klar: Die bitteren Schokoladen, die nicht wirklich süß schmecken, das sind die guten. Die müssen als Weihnachtsmann auf den bunten Teller. Denn die wunderwirksamen Flavonole stecken nun mal nur im Kakaoanteil. Helle Sorten haben davon wenig, weiße Trüffel und Tafeln rein gar nichts.
Flavonole machen jedem Schokofreund ein super gutes Gewissen: Zuletzt wusste Spektrum der Wissenschaft, dass sie sogar saudumme Spitzschlammschnecken schlauer machen.1 Da sollten sie auch unsere Nervenzellen ein wenig auf Trab bringen können. Genau das hat dankenswerterweise diese Studie vom Franz H. Messerli unschlagbar elegant bewiesen.2 Eine wunderbare Korrelation ist ihm da förmlich ins Auge geschossen: Je mehr Schokolade die Bürger eines Landes naschen, desto mehr Nobelpreisträger bringen sie hervor. Und die Schweiz ist Spitze! Während Chinesen wohl unter einem Schokomangel leiden.
Zu schade, dass in dieser Sache die Lebensmittelexperten von der EFSA im italienischen Pisa noch nicht so richtig aktiv waren – also die, die Werbeslogans auf Lebensmitteln unter die Lupe nehmen.3 Denn sonst könnte womöglich der ein oder andere Chocolatier noch vor dem Fest auf seine – wohl gemerkt dunkle – Schokolade schreiben: „Täglich zwei Riegel oder mehr, das macht schlau. Und vielleicht auch aus Ihnen einen Nobelpreisträger“. Ganz so fix wird das aber nix. Wenigstens ein Chocolatier müsste diesen Spruch erst mal bei der EFSA einreichen, ein paar Studien dazulegen und abwarten, ob der Daumen rauf oder runter geht.
Die Studie des Herrn Messerli wär‘ da kein heißer Tipp. Messerli hat sich einen Scherz gestattet und sich nun auch als abgetauchter Schweizer geoutet. Das beruhigt, wo doch seine schöne Korrelation eine zentrale Frage sowieso nicht klären konnte: Warum produzieren die Deutschen nur halb so viele Nobelpreisträger pro Kopf wie die Schweizer? Obwohl die gleich viel Schokolade schlecken!
Früher konnten Schokoladenverkäufer ungezügelt behaupten: glättet die Haut, verbessert den Schlaf, reduziert Stress und Probleme in den Wechseljahren.4 Alles kalter Kakao! Nur einen echt fetzigen Werbespot zu Kakaoflavonolen hat ihnen die EFSA erlaubt: „hilft die endothel-abhängige Gefäßweite aufrecht zu erhalten, die zu einem gesunden Blutfluss beiträgt“.5 – Mal sehen, welcher Schokoweihnachtsmann sich das auf den Bauch schreiben lässt.
Stand: 1. Dezember 2012 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2012 / S.18