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Elektrische Zigaretten

Einstieg statt Ausstieg aus der Sucht

Rauchern, die auch bei strömendem Regen vor der Tür ihrer Stammkneipe ausharren, wird vor allem im Internet eine Lösung angeboten: die elektrische Zigarette. Eine gesündere Art „zu rauchen“ und sogar die Chance, ganz mit dem Rauchen aufzuhören, wird ihnen da vorgegaukelt.

Elektrische Zigaretten sehen fast aus wie die echten, werden jedoch nicht angezündet und entwickeln keinen Rauch. Bei manchen Modellen wird eine Zigarette in einem Heizelement erhitzt. Die meisten E-Zigaretten enthalten aber eine kleine Patrone, die Nikotin, ein Lösungsmittel und eventuell Aromastoffe enthält. Ein kleiner Akku sorgt dafür, dass über einen Heizdraht Nikotin vernebelt oder verschwelt wird, wenn man am Mundstück saugt. Gekrönt wird das Ganze von einer Leuchtdiode, die an der Spitze der Zigarette bei jedem Zug die Illusion von Glut erzeugt. Bei E-Zigaretten, die nur Nikotin enthalten, entstehen keine Verbrennungsstoffe wie Teer, Kohlenmonoxid und die vielen anderen Verbindungen, die das Rauchen konventioneller Zigaretten extrem schädlich machen. Bei der Variante von E-Zigaretten, die durch Erhitzen (also nicht Verbrennen) von Tabak Nikotin freisetzen, ist die Menge der meisten Schadstoffe geringer, dafür wird viel mehr krebserzeugendes Formaldehyd freigesetzt.1

Die US-amerikanische Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde FDA warnt jetzt vor elektrischen Zigaretten.2 Im Gegensatz zu Behauptungen von Anbietern, dass E-Zigaretten sogar zur Tabakentwöhnung geeignet sein sollen, befürchten Berater der FDA, dass elektrische Zigaretten gerade für Jugendliche höchst attraktiv sind. Sie können vermutlich – zumal mit phantasievollen Geschmackssorten – sogar den Einstieg ins Rauchen fördern. Unklar ist bisher, wie viel blutdrucksteigerndes und abhängig machendes Nikotin aus den verschiedenen Produkten tatsächlich inhaliert wird und welche weiteren chemischen Verbindungen dabei in den Körper gelangen.3

Ungeahnte Risiken

Bei der Untersuchung von zwei viel verkauften Modellen entdeckte die FDA in einer Probe das Frostschutzmittel Diethylenglykol, dessen Schädlichkeit seit dem Weinskandal in den 1980er Jahren bekannt ist. In einigen anderen Proben fanden sich krebserregende Stoffe einschließlich Nitrosamine, die als starke Kanzerogene (Krebserreger) gelten. Weder die Funktionsweise der Geräte noch die Inhaltsstoffe der Füllungen werden bei uns behördlich kontrolliert. Bisherige Untersuchungen lassen unkalkulierbare Risiken durch nicht deklarierte Schadstoffe befürchten. Besonders gefährdet sind kleine Kinder: Die Nikotinpatronen der E-Zigaretten sind so klein, dass Kinder sie in den Mund nehmen und die nikotinhaltige Lösung herauslutschen können. Denkbar ist auch, dass sie die Patronen verschlucken – und das ist lebensbedrohlich.

E-Zigaretten sind zur Raucher­entwöhnung ungeeignet. Aussagekräftige Studien zum Erfolg bei Entwöhnungswilligen fehlen. Außerdem erhalten E-Zigaretten die Nikotinabhängigkeit aufrecht. Weil sie Rauchen durch technischen Schnickschnack besonders interessant machen und „sauber“ erscheinen lassen, ist zu befürchten, dass sie die Nikotinsucht fördern – und womöglich sogar den Einstieg in das Rauchen. Brasilien hat E-Zigaretten kürzlich verboten. In Deutschland dagegen fühlt sich keine Behörde zuständig.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2009 / S.14