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CBD in Kaugummis für die Zahnpflege

Anbieter nutzen Grauzonen für Produkte mit dem Cannabis-Inhaltsstoff Cannabidiol

In Lebensmitteln ist Cannabidiol nicht erlaubt, in Kosmetika dagegen schon. Mit Mitteln zur Mund- und Zahnpflege bewegen sich einige Anbieter am Rande der Legalität.

Cartoon CBD-Kaugummi - Alles reine Kosmetik
©Thomas_Kunz

Der Hype um Hanf scheint nicht nachzulassen. Anfangs waren es Lebensmittel wie Bier, Öl und Brot oder Haut- und Haarpflegeprodukte, die aus den Samen und Blättern der Hanfpflanze hergestellt wurden. Seit einigen Jahren geht dieser Trend in eine andere Richtung: Im Mittelpunkt steht jetzt der Hanf-Inhaltstoff Cannabidiol (CBD). Anders als das berühmt-berüchtigte THC (Tetrahydrocannabinol) wirkt CBD nicht berauschend. Damit ist der Stoff aber nicht automatisch unbedenklich. Und sein Einsatz auch nicht generell zulässig. Allerdings finden sich immer mehr Produkte, bei denen Anbieter versuchen, die geltenden Regeln zu umgehen.

CBD als Novel Food

CBD-haltige Lebensmittel gelten als neuartige Lebensmittel (Novel Food). Dazu zählen ebenfalls Nahrungsergänzungsmittel, Öle oder Kaugummis: Hier fehlen sowohl Erfahrungswerte als auch wissenschaftliche Daten, dass ihr Verzehr sicher ist. Ihr Vertrieb ist mangels Zulassung verboten – selbst wenn die zahlreichen Angebote in Internet- oder Hanf-Shops einen ganz anderen Eindruck vermitteln.

CBD erobert die Badezimmer

Erlaubt sind CBD-Zusätze hingegen in Kosmetika. Ihnen werden vor allem hautpflegende Eigenschaften zugeschrieben.1 Doch nicht nur Hautcremes oder Duschgels tragen das Kürzel „CBD“ auf dem Etikett, sondern oft auch Zahnpasten oder Mundspülungen. Beworben werden sie zum Beispiel mit einer Wirkung gegen bakteriellen Zahnbelag, die sogenannte Plaque. Dazu geforscht wird tatsächlich, vorläufige Ergebnisse gibt es allerdings nur aus Laborstudien.2 Belastbare wissenschaftliche Evidenz aus klinischen Studien existiert für derlei Behauptungen bislang nicht.

Kosmetikrecht als Schlupfloch

Komplizierter ist die Situation bei CBD-Kaugummis: Es gibt Hinweise, dass regelmäßiges Kauen von zuckerfreien Kaugummis die Zahngesundheit unterstützen kann, weil es den Speichelfluss anregt und so zur Remineralisierung der Zähne beiträgt.3 Die CBD-Zusätze haben mit diesem Effekt jedoch überhaupt nichts zu tun – und sie sind eigentlich gar nicht erlaubt. Schließlich sind Kaugummis Lebensmittel, solche mit CBD also ein zulassungspflichtiges Novel Food.

Die Strategie manch eines Anbieters heißt hier: Flucht ins Kosmetikrecht. Denn überwiegen bei Kaugummis ihre zahnpflegenden Eigenschaften, können Hersteller entscheiden, sie als Kosmetika und nicht als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen. Ein CBD-Zusatz könnte dann zulässig sein. Allerdings gibt es Hinweise, dass die Deklaration als Kosmetika bei einigen Produkten eine reine Schutzbehauptung ist, um die Novel Food-Zulassung zu umgehen: Denn tatsächlich werden CBD-Kaugummis in der Praxis oft gar nicht mit zahnpflegenden Eigenschaften beworben. Anstelle der im Kosmetikrecht vorgeschriebenen „Ingredients“ (Inhaltsstoffe)-Liste findet sich bei den meisten von ihnen wie bei Lebensmitteln vorgeschrieben ein „Zutatenverzeichnis“. Die amtliche Überwachung beanstandet CBD-Kaugummis daher in der Regel.

Sicherheit: Nicht immer gewährleistet

Das geschieht mitunter auch wegen konkreter Sicherheitsbedenken. Dabei verpflichtet das Kosmetikrecht Hersteller dazu, die Sicherheit ihrer Produkte einschließlich verwendeter Rohstoffe vorab und laufend zu prüfen. Es gibt jedoch Hinweise, dass zumindest einige von ihnen ihren Pflichten nur unzureichend nachkommen. So finden sich bei manchem CBD-Kaugummi nennenswerte Verunreinigungen mit dem berauschenden THC.4

Noch häufiger trifft das auf CBD-Öle zu. Sie sind ein weiteres gutes Beispiel dafür, wie einige Anbieter ganz gezielt Schlupflöcher nutzen, um für ihre CBD-Produkte rechtliche Regelungen zu umgehen: CBD-Öle werden vor allem im Online-Handel als Hilfe bei Zahnfleischentzündungen angepriesen.

Gesundheitlich bedenklich wird das dann, wenn solche Produkte zwar als Kosmetika bezeichnet sind, die Werbung jedoch Zweifel aufkommen lässt, dass sie zu einer rein oberflächlichen Anwendung und nicht zum Verzehr gedacht sind: Anbieter nehmen dann offensichtlich in Kauf, dass Verbraucher:innen das CBD-Öl absichtlich oder unabsichtlich als Nahrungsergänzung nutzen. Bei einem unzulässig hohen THC-Gehalt kann das die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen. Das kann für alle gefährlich werden, die zum Beispiel Auto fahren oder im Beruf mit schweren Maschinen zu tun haben.5

https://gutepillen-schlechtepillen.de/kurz-und-knapp-cannabidiol-keine-nahrungsergaenzung/

Cannabis als Arznei

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2022 / S.12