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Wieder ein Survival-Buch? „Überleben in Deutschlands Krankenhäusern”

…so lautet der Untertitel des Buches „Kliniken und Nebenwirkungen“ von Paul Brandenburg. Vieles wurde in der letzten Zeit zum Thema Missstände in Krankenhäusern diskutiert. Das Buch von Brandenburg geht diesen Weg der Aufklärung mit einer aufschlussreichen Perspektive weiter: Der Autor ist Arzt mit beruflich weitreichenden Klinikerfahrungen.

Paul Brandenburg: Kliniken und Nebenwirkungen. Überleben in Deutschlands Krankenhäusern. (2013, 1. Aufl.) Fischer Scherz Frankfurt/M. 208 Seiten, 13,99 €

Bei diesem 208 Seiten starken Buch handelt es sich um mehr als eine knackig formulierte Überlebensanleitung für künftige Krankenhauspatienten – wie es das Titelbild zunächst vermuten lässt. In 46 kurzen, leicht und unterhaltsam geschriebenen Kapiteln stehen viele hilfreiche Tipps, um im Krankenhaus-System nicht völlig verzweifelt unterzugehen. Einige Beispiele: Woran erkenne ich einen guten Arzt? Wie verhalte ich mich richtig, wenn meine Ärztin besonders gestresst ist? Werde ich als Kassenpatient schlechter behandelt als ein Privatpatient? Gleichzeitig flicht der Autor Hintergrundinformationen zum System der hiesigen Klinikwelten allgemeinverständlich ein. Da schaut man zum Beispiel hinter die Kulissen der Fallpauschalen für „Chipvieh“ – so der Klinikjargon für „Kassenpatienten“ –, mit denen Krankenhäuser kaum Geld verdienen können. Erfährt wie lukrativ hingegen (oftmals unnötige) Bandscheiben-OPs und überflüssige Herzkatheter sind. Findet bestätigt, dass gerne am medizinischen Personal gespart wird.

So wundert es nicht, dass überarbeitete oder gestresste Ärzte kaum Zeit für ein ergiebiges Arzt-Patienten-Gespräch haben. Wichtig und fast schon erschütternd ist auch zu erfahren, dass mancher Arzt und manche Ärztin bereits in der Ausbildungszeit beruflich scheitern oder persönlich zerbrechen können – allein durch das Verhalten ihrer Vorgesetzten.

Was dieses Buch von vielen anderen unterscheidet, ist der Spannungsbogen, den der Autor auf baut. Leichtfüßig wird der Leser durch die miteinander verwobenen Kapitel geführt, die dann im Kapitel 43 ihren Höhepunkt finden: Warum wehren sich Ärzte nicht gegen die Zustände im Krankenhausbetrieb? Aufbauend auf die vorausgehenden Kapitel wird nachvollziehbar, welche historische Last das deutsche Krankenhaus-System zu tragen hat.

Fazit: Der Autor fällt keine Pauschalurteile, kann aber nur in Grundzügen skizzieren woran es unserem Krankenversorgungssystem mangelt. So treibt er die Diskussionen voran. Brandenburg gelingt es, die komplexen Anforderungen an eine gute Gesundheitsversorgung darzustellen, gerade auch in ihrer Widersprüchlichkeit. Zum einen sind einzelne Kliniken wie auch Arztpraxen und Apotheken letztlich auch Marktakteure und müssen profitabel wirtschaften, um im Wettbewerb zu überleben. Dadurch entsteht Zeitmangel beim Klinikpersonal, das unter hohem Druck durch die Klinikleitung leidet. Zum andern besteht in der Medizin ein grundsätzlicher Anspruch, Patienten angemessen zu behandeln, zu informieren und zu pflegen.

Für diesen Widerspruch hat der Autor keine Lösung. Aber als Klinikpatient bekommt man ein besseres Verständnis für das komplizierte System Krankenhaus und die Zwänge der unterschiedlichen Akteure.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2014 / S.12