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© Martin Wahlborg/ iStockphoto.com

WHO warnt vor E-Zigaretten

Nur ein Ablenkungsmanöver von Big Tobacco?

E-Zigaretten und Co. nehmen im diesjährigen Tabakreport der Weltgesundheitsorganisation einen prominenten Platz ein. Mit deutlichen Worten verurteilt die WHO die Marketing­strategien und zeigt, wie die Tabakindustrie ihre wahren Absichten verschleiert.

Sind E-Zigaretten die bessere Alternative zu Tabakprodukten, weil dabei keine Verbrennungsprodukte entstehen? Für die Tabakindustrie ist das Argument eine Steilvorlage, um unter dem Stichwort „harm reduction“ (Schadensbegrenzung) den Verkauf von E-Zigaretten anzukurbeln.

Umsatzsicherung

Die WHO warnt jedoch aktuell, dass E-Zigaretten nicht als harmlos eingestuft werden dürfen, denn Langzeitfolgen seien unzureichend untersucht. Außerdem gebe es deutliche Hinweise, dass E-Zigaretten besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen der Einstieg in die Nikotinsucht sein können. – Diese Zielgruppe steht besonders im Fokus der Tabak- und Nikotinindustrie.

Auch Erwachsene werden adressiert und unter dem Deckmantel des Gesundheitsschutzes zum Umstieg auf E-Zigaretten animiert. Die WHO stuft das allerdings als Marketingstrategie ein, um Umsätze zu sichern, da konventionelle Tabakprodukte weltweit zunehmend strenger reguliert werden. In vielen Ländern der Welt seien E-Zigaretten und neuere Produkte wie Tabakerhitzer oder Nikotinbeutel auch nicht ausreichend von der Gesetzgebung erfasst, sodass zum Beispiel Werbeverbote nicht greifen. Dass der Umstieg auf E-Zigaretten Raucherinnen und Raucher beim langfristigen Verzicht auf Nikotin hilft, hält die WHO für nicht ausreichend gesichert.2

Nur geringfügig effektiver

Dass E-Zigaretten kein Wundermittel zur Raucherentwöhnung sind, bestätigt auch die Neuauflage eines Cochrane Reviews,3 in dem insgesamt 56 Studien ausgewertet wurden, sechs mehr als in der vorherigen Fassung. Zum Nutzen im Vergleich zu Nikotin­ersatz-Präparaten wie Pflastern oder Kaugummis lassen sich allerdings nur aus drei der Studien verlässliche Schlussfolgerungen ziehen. Danach schaffen es innerhalb von einem halben bis einem Jahr nur zehn von 100 Ausstiegswilligen, auf Zigaretten ganz zu verzichten. Bei Nikotinersatz-Präparaten sind es mit sechs von 100 zwar noch weniger, aber es bedeutet auch: Die Mehrheit schafft es selbst mit E-Zigaretten nicht, ganz vom Glimmstengel wegzukommen. Zwar sind in den Untersuchungen im betrachteten Zeitraum mit den E-Zigaretten nicht mehr schädliche Effekte aufgefallen als mit den Nikotinersatz-Präparaten, doch lässt sich daraus nicht auf die langfristige Unbedenklichkeit von E-Zigaretten schließen.

Langfristiger Ausstieg?

Hinzu kommt: Studien mit teils längerer Beobachtungszeit deuten darauf hin, dass E-Zigaretten ehemalige Raucher:innen leichter rückfällig werden lassen. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen sieht derzeit für die meisten Tabakraucher:innen keinen Vorteil von E-Zigaretten und stuft E-Zigaretten als Suchtmittel ein.4

Die WHO weist außerdem darauf hin, dass der Umstieg von Tabak auf E-Zigaretten vermutlich nicht dazu führt, den Nikotinkonsum ganz zu beenden. Die Raucherentwöhnung mit Nikotinersatz-Präparaten hat dagegen das Ziel, die Nikotinzufuhr schrittweise auf null zu reduzieren. Bei der Nutzung von E-Zigaretten gibt es jedoch kein solches Ausstiegsszenario.1

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2021 / S.08