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©Luc Viatour

Wenn der Schweiß versiegt

Unterschätzte Nebenwirkung von Arzneimitteln

Wir schwitzen, wenn es heiß ist oder wenn wir uns körperlich anstrengen. Das ist normal und bewahrt unseren Körper durch Verdunstungskälte davor, zu überhitzen. Übermäßiges Schwitzen ist unangenehm, aber nicht gefährlich. Anders kann es sein, wenn die Schweißdrüsen ihren Dienst versagen.

Produzieren Schweißdrüsen zu wenig Schweiß, fällt dies vielen zunächst gar nicht auf. Bleibt aber die Haut permanent trocken, geht ein wichtiger Mechanismus verloren, der an heißen Tagen dazu beiträgt, die Körpertemperatur zu regulieren: Abkühlung durch Verdunstungskälte. Normalerweise überzieht der Schweiß die Haut. Wenn er verdunstet, entsteht Kälte, die den Körper abkühlt. Fehlt der Schweiß, kann die Körpertemperatur steigen, und es drohen Schwäche, Übelkeit und Kopfschmerzen sowie Reizbarkeit und Bewusstseinsstörungen.

Sowohl Erkrankungen – beispielsweise die Unterfunktion der Schilddrüse – als auch deren Therapie können die Schweißproduktion mindern. Zahlreiche Arzneimittel (siehe Tabelle) beeinflussen ebenfalls die Funktion der Schweißdrüsen – übrigens auch Drogen wie Ecstasy.

Ältere Menschen sind oft besonders stark betroffen. Sie nehmen häufig mehrere Arzneimittel ein, die ihre Schweißbildung vermindern können, beispielsweise Mittel gegen Depressionen, Schüttellähmung (Parkinsonkrankheit) oder Blasenschwäche. Zugleich nimmt die Ausscheidungsfunktion der Nieren im Alter ab, sodass viele Arzneimittel länger im Körper bleiben und stärker oder länger wirken. Und nicht zuletzt trinken ältere Frauen und Männer oft wenig, da sie weniger Durst verspüren. Wer zu wenig trinkt oder entwässernde Medikamente (Diuretika) einnimmt und daher besonders viel Flüssigkeit ausscheidet, hat ganz einfach zu wenig Flüssigkeit, die – wenn es heiß ist – auf der Haut verdunsten kann und den Körper abkühlt.

Wer an heißen Tagen nicht schwitzt, mit den hohen Umgebungstemperaturen – anders als sonst – nicht klar kommt und Arzneimittel einnimmt, die die Schweißbildung behindern können, sollte sich mit seinem Arzt oder seiner Ärztin beraten. In Absprache mit ihnen kann eventuell die Dosis des Arzneimittels verringert werden. Möglicherweise gibt es sogar eine Alternativtherapie, die die Schweißproduktion weniger stark beeinträchtigt.

Unabhängig davon empfiehlt es sich, leichte und lockere Kleidung zu tragen, direkte Sonne zu meiden und sich an heißen Tagen in kühleren Räumen aufzuhalten. Fehlenden Schweiß kann man durchaus mit Hilfe eines feuchten Waschlappens „ersetzen“ oder indem man öfter kurz duscht. Der Luftstrom durch einen Ventilator dagegen kann zwar als angenehm empfunden werden, aber – ohne feuchte Tücher – die Haut weiter austrocknen.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2010 / S.10