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© Dean Mitchell/ iStockphoto.com

Was ich will

Drei Fragen zur Patientenverfügung

Krankheit und Sterben sind Themen, die gefühlt oft weit weg sind. Nicht nur in Zeiten der Corona-Pandemie kann eine intensive medizinische Behandlung aber manchmal ganz schnell nötig werden. Gut, wenn man sich schon vorher überlegt hat, was man möchte und was nicht.1

„Wie viel medizinische Behandlung möchte ich bekommen?“ Diese Frage ist besonders aktuell in Zeiten der Corona-Pandemie. Eine Patientenverfügung bietet die Möglichkeit, für sich selbst Grenzen festzulegen. Und sie ist eine gute Gelegenheit, auch mit Angehörigen über die eigenen Wünsche im Falle einer schweren Erkrankung zu sprechen und anschließend eine Vorsorgevollmacht oder eine ­Betreuungsverfügung aufzusetzen.

Warum ist es sinnvoll, eine Patientenverfügung zu haben?

Mit einer Patientenverfügung kann jede Person hierzulande festlegen, wie weitgehend sie medizinisch behandelt werden möchte, wenn sie sich im konkreten Fall nicht mehr selbst dazu äußern kann. Ärztinnen und Ärzte müssen sich dann an diese Wünsche halten.2 Häufig setzen Menschen eine Patientenverfügung auf, weil sie Angst davor haben, dass ihr Leben in der letzten Phase unnötig verlängert wird. Patientenverfügungen können aber nicht nur Wünsche für das Lebensende enthalten, sondern auch für viele Behandlungssituationen unabhängig von Art und Stadium einer Erkrankung. Für die aktuelle Corona-Pandemie heißt das: Wer bestimmte Behandlungen nicht wünscht, kann die Patientenverfügung entsprechend ergänzen.

Was muss drin stehen und wer kann mir bei den Formulierungen helfen?

Bei der Umsetzung der Patientenwünsche gibt es immer wieder Probleme, weil Patientenverfügungen oft zu allgemein verfasst sind. Ein Beispiel: „Ich möchte nicht von Maschinen abhängig sein“ lässt offen, ob ein Mensch eine künstliche Blutwäsche (Dialyse) möchte oder nicht. Dann ist es für Ärztinnen und Ärzte schwierig einzuschätzen, was genau gewünscht wird und was nicht.

Eine Patientenverfügung ist nur dann bindend, wenn die festgelegten Wünsche und Vorstellungen der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation entsprechen. Laut mehreren Urteilen des Bundesgerichtshofs müssen Patientenverfügungen mit Blick auf mögliche Behandlungsformen ausreichend präzise formuliert sein. Das betrifft insbesondere Themen wie „künstliche Beatmung“, „künstliche Ernährung“ und „Wiederbelebung“.

Außerdem sollte festgelegt werden, auf welche Situa­tionen sich die Patientenverfügung bezieht. Viele Vorlagen bieten die Möglichkeit, die Patientenverfügung auf Situationen ohne Aussicht auf Heilung zu begrenzen. Das Bundesjustizministerium schlägt zum Beispiel die Formulierung3 vor: „Wenn ich mich im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit befinde, selbst wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist…“
Bei akuten Erkrankungen mit Aussicht auf Heilung wie beispielsweise Covid-19 würde eine so formulierte Patientenverfügung erst einmal nicht greifen. Viele Menschen würden sich bei dieser Infektion wohl wünschen, dass sie intensivmedizinisch behandelt werden – zumindest solange Aussicht auf Besserung besteht. Allerdings kann Covid-19 auch sehr schwer verlaufen und ein Zustand eintreten, in dem sich jemand keine Behandlung mehr wünschen würde. Außerdem können auch intensivmedizinische Maßnahmen wie eine invasive Beatmung mit einem Beatmungsschlauch unerwünschte Effekte haben.

Deshalb kann es sinnvoll sein, seine Wünsche konkreter zu beschreiben. Eine Abwägung von Nutzen und Risiken ist aber nicht so einfach, denn anders als etwa bei einigen Krebserkrankungen sind die Erfolgsaussichten bestimmter Behandlungen und der Verlauf bei einer Infektion wie Covid-19 schwierig einzuschätzen. Eine Möglichkeit ist, Dauer und Umfang von Therapien zu begrenzen. Zum Beispiel: „Sollte es notwendig werden, möchte ich intensivmedizinisch behandelt werden, aber wenn sich keine Besserung einstellt oder Komplikationen wie ein fortschreitendes Versagen mehrerer Organsysteme (Multiorganversagen) auftreten, soll die Therapie nicht weitergeführt und ein würdevolles, schmerz- und angstfreies Sterben zugelassen werden.“4

Ärztinnen und Ärzten hilft es auch, wenn Patientinnen und Patienten beschreiben, was für sie ein akzeptables Behandlungsziel wäre und bei welcher Prognose sie nicht weiter behandelt werden möchten. Konkret: Könnten sie für sich akzeptieren, dauerhaft von anderen Menschen abhängig zu sein, langfristig beatmet werden zu müssen oder mit schweren geistigen Einschränkungen zu leben?

Viele Pflegeheime haben inzwischen Mitarbeitende für die gesundheitliche Versorgungsplanung geschult. Personen, die in einem solchen Pflegeheim leben, können mit ihnen regelmäßig über die weitere medizinische Behandlung sprechen und ihre Wünsche äußern. Ansonsten sind Hausärztin oder Hausarzt die richtigen Ansprechpartner, weil sie ihre Patientinnen und Patienten kennen.

Was kann eine Patienten­verfügung nicht regeln?

Treffen die Festlegungen in einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Behandlungssituation zu und können sich die Betroffenen nicht selbst äußern, sind Arzt oder Ärztin verpflichtet, gemeinsam mit dem gesetzlichen Vertreter des Patienten die Behandlungswünsche und den mutmaßlichen Willen zu ermitteln. Was viele nicht wissen: Nahe Angehörige dürfen nicht automatisch in Gesundheitsfragen entscheiden.

Wer also möchte, dass sein Partner, seine Kinder oder eine andere nahestehende Person über medizinische Behandlungen bestimmen dürfen, muss ihnen eine Vorsorgevollmacht erteilen.5 Darin legt man fest, wer die eigenen Interessen durchsetzen soll, wenn man das selbst nicht (mehr) kann, etwa im Falle einer Krankheit, nach einem Unfall oder bei Demenz. Die Vorsorgevollmacht kann auf medizinische Fragen beschränkt sein oder zur Vertretung in finanziellen, rechtlichen und persönlichen Angelegenheiten ermächtigen, damit Bevollmächtigte zum Beispiel auch Verträge kündigen dürfen.

Solche weitreichenden Befugnisse setzen absolutes Vertrauen voraus. Eine Alternative zu einer Vorsorgevollmacht kann eine Betreuungsverfügung sein. Sollte es zu einer gesetzlichen Betreuung kommen, wird ein Betreuungsgericht die dort genannte Person als Betreuer festlegen. Betreuer oder Betreuerin müssen dann gegenüber dem Betreuungsgericht Rechenschaft ablegen.

Ganz gleich für welche Variante man sich entscheidet: Bevollmächtigte oder Betreuer können nur im Sinne der Betroffenen entscheiden, wenn ihre Wünsche bekannt sind. Und hier kommt wieder die Patientenverfügung ins Spiel. Sie bietet die Chance, in Ruhe zu überlegen, wie weit man medizinisch behandelt werden möchte. Und sie ist ein Anlass, darüber mit der Familie zu sprechen. Das nimmt Angehörigen die Last ab, im Ernstfall solche Entscheidungen für einen geliebten Menschen – ohne seine Wünsche genau zu kennen – alleine treffen zu müssen.

Patienten­verfügung
GPSP 4/2017, S. 22

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2020 / S.19