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©Nathalie P. / fotolia.com

Wadenkrämpfe

Schmerzhaft, aber meist harmlos

Wer ist nicht schon einmal mitten in der Nacht plötzlich von einem schmerz­haften Wadenkrampf aufgeschreckt worden. Um es gleich vorneweg zu gestehen: Die Wissenschaft weiß nicht allzuviel über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten dieses lästigen, aber meist harmlosen ­Übels.1

Beim Muskelkrampf ziehen sich ganz plötzlich und völlig unwillkürlich Muskeln in der Wade zusammen. Das kann Sekunden oder Minuten andauern und sehr schmerzhaft sein. Im Prinzip kann jeder Muskel verkrampfen, meist aber ist die Wade oder auch das Fußgewölbe betroffen. Typischerweise treten Muskelkrämpfe nachts auf, vorzugsweise am frühen Morgen. Mit zunehmendem Alter kommen sie häufiger vor. Frauen klagen öfter darüber als Männer. Schwangere Frauen sind besonders häufig betroffen.2

Ursachen

Als Auslöser für Wadenkrämpfe werden vor allem Schlafmangel, Alkohol- und Kaffeegenuss, Wasserverlust (gerade Ältere trinken oft zu wenig) und ungewohnte muskuläre Aktivität, z.B. Sport, genannt. Oft bleiben die Ursachen aber unklar. In manchen Familien scheint eine Neigung zu Wadenkrämpfen zu bestehen. Sie sind sehr störend, erfordern aber bei Gesunden nicht viele Untersuchungen.

Bei hartnäckigen und häufigen Wadenkrämpfen sollte man jedoch zum Arzt gehen, weil diese Warnzeichen für ernstere Erkrankungen wie Durchblutungsstörungen, Störungen des Mineralhaushalts, Schilddrüsenunterfunktion oder Multiple Sklerose sein können. Zahlreiche Arzneimittel können ebenfalls Muskelkrämpfe auslösen, beispielsweise harntreibende Mittel, Medikamente gegen erhöhten Blutdruck oder Östrogene einschließlich östrogenhaltiger „Pillen“.

Hilfe beim Wadenkrampf

Die Wadenmuskulatur dehnen ist die Devise. Das schafft am raschesten Linderung. Die Fußspitze wird hierzu in Richtung Schienbein gezogen. Auch kann es hilfreich sein, umherzugehen und dabei das Körpergewicht nach vorne zu verlagern, denn dies dehnt die Wadenmuskulatur.

Wenn die Wadenkrämpfe im Zusammenhang mit einer Erkrankung stehen könnten, muss diese behandelt werden, um den Auslöser möglichst auszuschalten. Falls Sie häufig unter Krämpfen leiden oder einzelne Krämpfe sehr lange dauern, wird Ihr Arzt weitergehende Untersuchungen durchführen und etwa den Mineralhaushalt, die Nierenfunktion oder Schilddrüsenhormone prüfen.
Eine Behandlung mit Medikamenten ist für gelegentlich auftretende Krämpfe nicht nötig. Vielfach wird Chinin oder Magnesium zur Vorbeugung und Behandlung beworben. Zwar sprechen einzelne Studien für positive Effekte von Chinin, wenn man jedoch bedenkt, wie schlecht der Nutzen belegt ist und wie bedrohlich die Nebenwirkungen sein können (z.B. Herzrhythmusstörungen oder Schädigung des Blutes), wird verständlich, warum unabhängige Institutionen von der Einnahme chininhaltiger Präparate gegen Wadenkrämpfe dringend abraten.1,3 In der Schwangerschaft verbietet sich Chinin auf jeden Fall.

Die Beurteilung von Magnesium ist widersprüchlich: Einige Studien deuten eine hilfreiche Wirkung an, andere nicht. Sofern man nicht an einer Störung der Nierenfunktion, an Herzrhythmusstörungen oder einer schweren allgemeinen Muskelschwäche (Myasthenia gravis) leidet, kann man ein Magnesiumpräparat durchaus zeitlich begrenzt ausprobieren. Im Zweifelsfalle fragen Sie zuerst ihren Arzt. Übrigens wird in vielen Studien zur Behandlung von Wadenkrämpfen mit Magnesium und anderen Mitteln ein beträchtlicher Plazeboeffekt beobachtet. Mit anderen Worten: Egal, was die Betroffenen geschluckt haben – es hat geholfen.

Vorbeugung

Es ist günstig, eine Spitzfußstellung nachts zu vermeiden und gegebenenfalls das Fußende des Bettes durch ein Brett abzuschließen, sodass der Fuß nachts nicht so leicht gestreckt werden kann (das gilt nicht für „Bauchschläfer“). Manchmal hilf es, tagsüber prophylaktisch die Wadenmuskeln zu dehnen, z.B. indem man im Stehen den Körper nach vorne beugt, wobei die Fußsohle vollständig auf dem Boden bleibt.

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2010 / S.04