Röntgen, CT & Co.: Wie hoch ist die Strahlenbelastung?
Was bei bildgebenden Verfahren zu bedenken ist
Bildgebende Verfahren sind ein wichtiges Instrument der medizinischen Diagnostik. Mit ihrer Hilfe können Ärzte und Ärztinnen Knochenbrüche ebenso sichtbar machen wie Tumoren oder krankhafte Organveränderungen. Aber wie riskant sind solche Untersuchungen eigentlich?
Bildgebende Verfahren werden immer häufiger eingesetzt. Allein im Jahr 2018 zählte das Statistische Bundesamt bei stationär in einem deutschen Krankenhaus untergebrachten Patientinnen und Patienten knapp 6,3 Millionen abgerechnete Messungen mit einem Computertomographen (CT).1
Auch wenn bildgebende Verfahren als nicht invasiv gelten, der Körper bei der eigentlichen Messung also nicht verletzt wird, sind sie nicht automatisch ungefährlich. Denn um Organe darzustellen, leiten Radiologen und Radiologinnen Strahlung durch das zu untersuchende Gewebe. Welche Art von Strahlung das ist, hängt vom angewandten Verfahren ab.
Röntgen
Die wohl bekannteste – und auch älteste – Anwendung ist das Röntgen.2 Je dichter ein Material, umso weniger Strahlung lässt es durch. Das ist das Prinzip des Röntgens. Knochen als dichte Strukturen erscheinen im Röntgenbild hell. Weiches Gewebe oder Organe wie Muskeln oder die Lunge sind hingegen dunkel. Röntgen verwendet sogenannte ionisierende Strahlung. Diese ist so energiereich, dass sie das Erbgut schädigen kann. Dementsprechend gilt es, Dauer und Intensität der Strahlenbelastung zu minimieren.
Relevant für die Diagnostik sind drei Röntgentechniken: Röntgenbild, Röntgendurchleuchtung und Computertomographie. Ersteres ist eine Momentaufnahme in Form einer einmaligen kurzen „Belichtung“, sodass der menschliche Körper hier auch nur verhältnismäßig wenig Strahlung ausgesetzt wird. Erstellt der Zahnarzt ein Bild der Zähne, sind das etwa 0,01 Millisievert (mSv); bei einer Röntgen-Mammographie fallen 0,4 mSv an.
Röntgendurchleuchtung & Computertomographie
Bei der Durchleuchtung hingegen werden Bildserien erzeugt oder gar „gefilmt“; dementsprechend größer ist die Strahlenbelastung. Bei der Darstellung von Herzbewegungen kann eine effektive Strahlendosis von 5 mSv gemessen werden.
Ähnliches gilt für die Computertomographie (CT). Viele einzelne Röntgenaufnahmen werden dabei zu einem Schichtbild zusammensetzt, sodass Organe und Strukturen im Körper quasi dreidimensional dargestellt werden können. Eine Untersuchung des Brustkorbs führt dabei zu einer Strahlenbelastung von etwa 5 mSv. Damit gehört die CT neben der Röntgendurchleuchtung zu den belastendsten bildgebenden Diagnoseverfahren. Eine amerikanische Studie ergab, dass Menschen, die sich über einen Zeitraum von ein bis fünf Jahren mehreren CT-Untersuchungen unterzogen, eine kumulative effektive Dosis von über 100 mSv erhielten.3
Ebenfalls ionisierende Strahlen nutzen Verfahren der nuklearmedizinischen Diagnostik.4 Dabei verabreichen Arzt oder Ärztin den Betroffenen radioaktive Wirkstoffe. Diese reichern sich an den Stellen des Körpers an, die bei der Messung dargestellt werden sollen. Beispiele für nuklearmedizinische bildgebende Verfahren sind die Szintigraphie, die oft zur Diagnose von Schilddrüsenerkrankungen oder Tumoren eingesetzt wird, oder die häufig ebenfalls zur Auffindung von Tumoren angewandte Positronen-Emissions-Tomographie (PET).
Etwa 2,5 Millionen nuklearmedizinische Untersuchungen werden in Deutschland jährlich durchgeführt; im Mittel entsteht dabei pro untersuchtem Mensch eine Strahlenbelastung von 2,3 mSv.

Ungefährliche Bildgebungsverfahren
Im Gegensatz zu den Radioaktivität- und Röntgenstrahlen-basierten Methoden nutzen etwa die Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT, auch „Kernspin“ genannt) und die Ultraschall-Untersuchungen (Sonographie) keine ionisierende Strahlung. Sie arbeiten mit verschiedenen magnetischen und elektromagnetischen Feldern beziehungsweise mit Schallwellen.5,6 Die MRT eignet sich besonders gut für die Darstellung von weichem Gewebe. Sie wird deshalb bevorzugt zur Diagnostik von Leber und Galle sowie von onkologischen, entzündlichen und degenerativen Erkrankungen eingesetzt – zuletzt etwa 13 Millionen Mal in Deutschland.
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) schreibt, dass „bei Einhaltung aktueller Sicherheitsempfehlungen […] die Untersuchung mit MRT für die Patienten nicht mit gesundheitlichen Risiken verbunden [ist]“. Gleiches gilt für Ultraschall-Verfahren, die eine der am weitverbreitetsten bildgebenden Methoden ist. Ultraschall wird zum Beispiel in der Gynäkologie sowie bei Untersuchungen des Verdauungstraktes und des Herzens eingesetzt.
Wenn beim MRT zur besseren Darstellung das Kontrastmittel Gadolinium gespritzt wird, ist das aber mit eigenen Risiken verbunden.
Fehlendes Wissen über Strahlenbelastung
Allerdings wissen viele erkrankte Menschen nicht, welche Methode am stärksten strahlenbelastet ist oder welche ohne ionisierende Strahlung auskommt. Im Jahr 2021 veröffentlichten italienische Forscher:innen eine Studie, in der sie die Wahrnehmung und das Wissen von Patient:innen über ionisierende Strahlung in der medizinischen Bildgebung auswerteten.7
Dafür befragten sie 2.866 Personen, die in italienischen Krankenhäusern auf eine radiologische Untersuchung warteten. Mehr als der Hälfte der Befragten war nicht klar, dass eine CT-Untersuchung der Brust eine höhere Strahlendosis mit sich bringt als eine Röntgenaufnahme derselben Körperregion. Gleichzeitig verorteten etwa 40 Prozent die MRT ebenfalls bei den Bildgebungsverfahren, die ionisierende Strahlung nutzen. Immerhin noch 15 Prozent dachten das gleiche von den Ultraschall-Untersuchungen.
Je höher der Bildungsstand und je besser die Aufklärung durch medizinisches Personal, umso exakter schätzten die Befragten die Risiken bildgebender Verfahren ein. Die Autorinnen und Autoren der Studie um Luca Bastiani schlussfolgern deshalb: Eine umfangreichere Aufklärung zu Strahlungsrisiken durch Radiolog:innen und Angehörige der Gesundheitsberufe sei unabdingbar.
Röntgenpass
Um die Strahlenbelastung für jeden einzelnen Menschen zu minimieren, gilt es, genau einzuschätzen, wann eine Untersuchung mit ionisierender Strahlung nötig ist. Ebenso wichtig ist es aber, den Überblick zu behalten: „Wann wurden Sie das letzte Mal geröntgt? In welcher Klinik fand die letzte Computertomographie statt?“ Dann kann zum Beispiel die aktuell behandelnde Ärztin dort nach bereits vorliegendem Material fragen. Denn Doppeluntersuchungen müssen unbedingt vermieden werden.
All diese Daten lassen sich im sogenannten Röntgenpass zusammentragen. Seit Ende 2018 müssen Kliniken und Arztpraxen, die Röntgenuntersuchungen durchführen, keine Röntgenpässe mehr ausstellen. Trotzdem empfiehlt das BfS Betroffenen, alle Untersuchungen eintragen zu lassen. Das entsprechende Formular gibt es beispielsweise zum Ausdrucken.8
Stand: 22. Februar 2022 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2022 / S.25