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© Jörg Schaaber

Paracetamol-ratiopharm®

Mit 21 Millionen Packungen ist Paracetamol-ratiopharm® das meist verkaufte Schmerzmittel Deutschlands – und gleichzeitig das am zweithäufigsten1 verkaufte Arzneimittel überhaupt. Der Wirkstoff Paracetamol ist seit mehr als 50 Jahren im Handel. Was sind die Vorteile des rezeptfreien Schmerzmittels, was seine Nachteile?

Paracetamol, Acetylsalicylsäure und Ibuprofen sind die drei wichtigsten rezeptfreien Wirkstoffe, die zuverlässig leichte bis mäßig starke Schmerzen lindern und Fieber senken. Sie haben unterschiedliche Eigenschaften und sind daher nicht beliebig austauschbar. Hierüber haben wir ausführlich in GPSP 1/2008 (S. 3) berichtet.

Die wichtigsten Vor- und Nachteile

Vorteile: Paracetamol eignet sich meist besser als Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen bei allergischer Veranlagung, bei Blutungsneigung und Einnahme von Blutgerinnungshemmern, bei Diabetes mellitus, Magen- Darm-Erkrankungen, bevorstehenden Operationen oder gelegentlich in der Schwangerschaft. Von Paracetamol gibt es mehr verschiedene Zubereitungen als bei anderen rezeptfreien Schmerzmitteln. Neben Tabletten und Brausetabletten sind auch Lösungen oder Saft sowie Zäpfchen für Säuglinge, Kinder und Erwachsene zu haben.

Nachteile: Das Hauptproblem von Paracetamol ist, dass es die Leber schädigen kann – und dies manchmal schon, wenn die in den Beipackzetteln angegebene Dosierung nur wenig überschritten wird oder wenn die Leber vorgeschädigt ist. Wer also häufig relativ große Mengen Alkohol trinkt oder eine kranke Leber hat, sollte unbedingt ein anderes Schmerzmittel bevorzugen. Weil schwere Leberschäden als Folge einer Überdosierung sogar tödlich enden können, ist Paracetamol seit Sommer 2009 in Packungen mit mehr als 20 Tabletten zu 500 mg (also mehr als 10 g Paracetamol pro Packung) verschreibungspflichtig.

Offene Fragen

In den vergangenen Monaten wurde in den Medien häufig über vermutete Risiken von Paracetamol diskutiert: Steigt beispielsweise tatsächlich das Risiko von Asthma, wenn Kinder und Jugendliche pro Monat lediglich eine Paracetamol-Dosis oder mehr eingenommen haben? Oder wenn die Mutter in der Schwangerschaft Paracetamol verwendet hat? Es gibt keine Belege, dass dies tatsächlich der Fall ist. Die Datenlage ist schlecht und ausgesprochen widersprüchlich. Weitere Forschung ist erforderlich. Dies gilt auch für die Vermutung, dass ein Junge Hodenhochstand bekommen könnte, wenn seine Mutter in der Schwangerschaft Paracetamol eingenommen hat.

Ausweitung der Rezeptpflicht?

Alle Schmerzmittel – auch die derzeit rezeptfrei erhältlichen – können vereinzelt schwere unerwünschte Wirkungen auslösen, und zwar umso eher, je höher die Dosis ist und je länger das Präparat eingenommen wird. In der Selbstmedikation sollten daher alle Schmerzmittel höchstens drei Tage lang hintereinander geschluckt werden. Und bei allen Schmerzmitteln sollte man die im Beipackzettel angegebenen Dosierungen – abhängig vom Alter und vom Körpergewicht (niedriger dosieren bei geringerem Gewicht) – nicht überschreiten.

Längst wird in Fachkreisen diskutiert, rezeptfreie Schmerzmittel in größeren Packungen als man für vier Tage braucht, der Rezeptpflicht zu unterstellen.2 Das soll klar machen, dass bei Schmerzmitteln eher mit unerwünschten Wirkungen zu rechnen ist, wenn sie länger eingenommen werden. Wegen des leberschädigenden Potenzials steht für Paracetamol zur Diskussion, alle Packungsgrößen verschreibungspflichtig zu machen. Die Entscheidung ist schwierig. Und in der Diskussion werden Experten besonders laut, die von der Konkurrenz gesponsert werden, die beispielsweise Präparate mit dem Wirkstoff Ibuprofen herstellt.

Die Kommission, die nun über das weitere Vorgehen berät, der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht, hat seine Entscheidung bereits wiederholt vertagt. Die Größe der Packungen zu begrenzen, die es ohne Rezept gibt, begrüßen wir aus Gründen der Arzneimittelsicherheit. Eine generelle Verschreibungspflicht für Paracetamol wird für problematisch erachtet, da Paracetamol unbestritten Vorteile gegenüber Acetylsalicylsäure und Ibuprofen hat, beispielsweise für Menschen mit Magen-Darm-Störungen oder allergischer Veranlagung. Kosten Die Preise von Paracetamol-ratiopharm® liegen im unteren Bereich. Die günstigsten Generika kosten allerdings nur etwa zwei Drittel der ratiopharm-Tabletten. Das älteste Paracetamol-Präparat Ben-u-ron®, das 1959 in den Markt gebracht wurde, lässt sich seinen Markennamen bis heute teuer bezahlen: Es kostet fast das Vierfache der preiswertesten Generika (siehe Tabelle). Wer sich für Ben-u-ron® Direkt Granulat entscheidet, kann für die gleiche Wirkung allerdings auch das Siebenfache ausgeben (8,95 €).

Paracetamol ist bei Fieber und Schmerzen meist eine gute Wahl. Wer eine geschädigte Leber hat, sollte allerdings auf einen anderen Wirkstoff ausweichen. Und die im Beipackzettel genannten Dosierungen dürfen Sie auf keinen Fall überschreiten.

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2012 / S.05