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Monschau: Ein Roman

Was Infektionskrankheiten für einzelne Menschen und unsere Gesellschaft insgesamt bedeuten, lässt sich nicht allein an Inzidenzwerten und naturwissenschaftlichen Daten festmachen. Das illustriert Autor Steffen Kopetzky in seinem Roman „Monschau“.

Steffen Kopetzky (2021). Monschau. Berlin: Rowohlt Verlag. 352 S., 22 €, auch als E-Book für 19,99 € und als (Download-)Hörbuch erhältlich.

Der Titel des Buches bezeichnet den Schauplatz der Geschichte, einen kleinen Ort in der Eifel. Im Jahr 1962 blüht die Wirtschaft – und es geschieht etwas Seltsames in dem Städtchen: Ein kleines Mädchen wird mit Fieber, Schüttelfrost, entzündeten Atemwegen und argem Husten ins Krankenhaus eingeliefert. Bald ist klar: Sie leidet an Pocken, die damals schon längst als „besiegt“ galten. Jetzt müssen die Verantwortlichen alle Maßnahmen ergreifen, um den sich rasant verbreitenden Variola-Viren Einhalt zu gebieten.

In das Krisenteam wird der pockenerfahrene Dermatologe Professor Günter Stüttgen berufen, begleitet von seinem begabten jungen Mitarbeiter, dem aus Kreta stammenden Arzt Nikos Spyridakis. Nikos soll als Betriebsarzt die Mitarbeiter eines der wichtigsten Monschauer Unternehmen betreuen. Denn die Produktion darf nicht stoppen, die weltweiten Geschäfte müssen weiter funktionieren – auch wenn ein Mitarbeiter die Viren von einer Indien-Geschäftsreise eingeschleppt hat. Später lernt Nikos die Alleinerbin des Unternehmens Vera Rither kennen und beide verlieben sich ineinander.

Neben dem spannend beschriebenen Ablauf des Seuchengeschehens widmet sich ein zweiter Erzählstrang auch der deutschen Nazi-Vergangenheit in Monschau, die der Journalist Grünwald in seiner Recherche um den langjährigen Direktor des Unternehmens zutage fördert.

Leser:innen erfahren im Buch viel Wissenswertes über das sehr komplexe lokale und geschichtliche Drumherum: Stillstand, Quarantäne und Verhaltensvorschriften. Nikos lässt sich von Vera zu einer Karnevalsveranstaltung nach Düren überreden. Dort wird eng an eng gefeiert – bis es zu einem Eklat kommt: Eine kostümierte Monschauer „Krankenschwester“-Truppe wird von den Dürenern zurecht als Virenträger attackiert. Eine Spaltung der Gesellschaft in Krisenzeiten zeigt sich schnell.

Eigentlich wurde das Buch „als ein packender Roman über eine Liebe im Ausnahmezustand“ auf der Umschlagseite beworben. Dass die Erstveröffentlichung nun gerade in die Zeit der Corona-Pandemie fiel, war wohl ein Glücksfall für den Autor.

Steffen Kopetzky schreibt mitreißend, auch wenn die Liebesgeschichte manchmal öde und hölzern wirkt. Er versteht es, die Helden des Buches und die skurrilen Schurken ins rechte Licht zu setzen. Viele Pocken-Szenen von damals erscheinen uns in Corona-Zeiten so merkwürdig vertraut. Seine Rückblenden in die Kriegszeiten sind sorgfältig recherchiert.

Leider erfahren die Leser:innen im Buch nicht, dass es sich bei den Figuren um eine Mischung von real existierenden und hinzugedichteten Personen handelt – inklusive echten sowie Alias-Namen. Und dass die Ereignisse um den Pockenausbruch im Großen und Ganzen wirklich so stattgefunden haben – bis auf die Liebesgeschichte. Das sollte in einer nächsten Auflage unbedingt erklärt werden.

Eine bildende Urlaubslektüre mit einem netten Gimmick: Die Hardcover-Ausgabe hat ein Lesebändchen. Schön, dass der Verlag hier nicht gespart hat.

Pocken
GPSP 4/2020, S. 8

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2021 / S.23