Zum Inhalt springen
© Jörg Schaaber

Mehr Fragen als Antworten

Was nützt die Tablette gegen Birkenallergie?

Manche Allergien lassen sich mit einer Immuntherapie unterdrücken, etwa auf Gräser sowie Bienen- oder Wespengift. Wie sieht es mit einer neu zugelassenen Tablette aus: Hilft sie ­Menschen mit einer Allergie gegen Birkenpollen?

Für alle, die auf Baumpollen wie beispielsweise die der Birke allergisch reagieren, beginnt mit dem Frühling eine beschwerliche Zeit. Wenn antiallergische Medikamente nicht ausreichend helfen, ist eine Immuntherapie, auch „Hyposensibilisierung“ genannt, eine Behandlungsoption. Sie soll den Körper an die Allergene gewöhnen und dafür sorgen, dass das Immunsystem nicht mehr überreagiert. Dabei wird das entsprechende Allergen mehrfach in kleinen Dosen verabreicht.

Bei vielen dieser Immuntherapien werden die Allergene unter die Haut gespritzt, manche gibt es auch als Tropfen oder Tabletten, die man im Mund zergehen lassen muss (sublinguale Hyposensibilisierung).1 Dazu gehört seit September 2019 auch ein neues Präparat gegen Baumpollenallergie, konkret bei Allergien gegen Birkenpollen und verwandte Allergene. Das Mittel ist unter dem Namen Itulazax® verfügbar.2

Wie und für wen?

Zugelassen ist die Therapie mit Itulazax® für Erwachsene mit nachgewiesener Allergie auf Baumpollen von Birke, Erle, Hainbuche, Hasel, Eiche oder Buche, bei denen trotz anti­allergischer Medikamente mittelschwere bis schwere Symptome weiterbestehen, wie laufende oder zugeschwollene Nase oder juckende Augen. Die Behandlung beginnt üblicherweise schon gut 16 Wochen vor Beginn der Pollensaison und dauert so lange, wie die Baumpollen fliegen.

Was bringt’s?

In der Zulassungsstudie wurde das Mittel mit einem Scheinmedikament verglichen. Die Teilnehmenden, die Itulazax® einnahmen, hatten etwas weniger allergische Beschwerden und benötigten etwas weniger anti­allergische Medikamente.

Allerdings hat die Studie einige Schwächen: Ausgewertet wurden Tagebucheinträge der Studienteilnehmer, aus denen die Symptome und der zusätzliche Medikamentenbedarf mit einem Punktesystem bewertet wurden. Es ist jedoch unklar, wie zuverlässig diese Methode ist und wie sicher die Ergebnisse sind.

Unerwünschte Wirkungen

Alle Immuntherapien enthalten nur geringe Mengen des Allergens, dennoch können erhebliche allergische Reaktionen auftreten. Am häufigsten waren in dieser Studie Juckreiz im Mund und Irritationen im Rachen. Bei einem Patienten kam es als allergische Nebenwirkung sogar zu einem schweren Asthmaanfall.

Langfristige Wirkung unbekannt

Das eigentliche Ziel einer Immuntherapie ist, dass der Körper lernt, mit dem betreffenden Allergen gekonnt umzugehen, es also langfristig zu tolerieren. Dafür müssen die meisten Therapien über drei Jahre angewendet werden. Bei Itulazax® ist die langfristige Wirkung jedoch nicht untersucht, und Studien existieren nur zu einer einzigen Pollensaison. Wenn die Therapie im ers­ten Jahr nicht hilft, soll sie im nächsten Jahr nicht fortgesetzt werden.

Fazit

Ob Menschen mit Baumpollenallergie tatsächlich von Itulazax® profitieren, vor allem auf lange Sicht, lässt sich auf Grundlage der vorhandenen Daten nur schwer abschätzen. Hinzu kommt, dass die Zulassungsbehörde die Details ihrer Bewertung bislang nicht veröffentlicht hat. Wer sich für eine Behandlung entscheidet, muss mit Nebenwirkungen wie bei vergleichbaren Immuntherapien rechnen, inklusive schwerwiegenden Reaktionen.

Immuntherapie
GPSP 2/2015, S. 25

Sublinguale Immuntherapie
GPSP 2/2018, S. 14

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2020 / S.06