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©Emilia Stasiak/fotolia

Medikamente mit Wasser schlucken

Lieber Saft-los

Vor über 15 Jahren fiel kanadischen Forschern auf, dass in Tests ein Medikament gegen hohen Blutdruck viel stärker wirkte, wenn es mit Grapefruitsaft geschluckt wurde. Damals ging es um die Frage, welchen Einfluss Alkohol auf ein bestimmtes Bluthochdruckmittel hat. Die Versuchspersonen nahmen das Präparat mit purem Grapefruitsaft ein oder mit einem Grapefruit-Alkohol-Mix. Der Einfluss des Saftes wurde also eher zufällig entdeckt.

Mittlerweile weiß man, auf welchem Weg die Steigerung der Wirkung zustande kommt: Grapefruit hemmt vor allem ein Stoffwechselenzym (Cytochrom P450 3A4), das Medikamente und andere Substanzen so umbaut, dass sie weniger wirksam – beziehungsweise weniger schädlich ­– sind und zum Teil als unproblematische Zwischenprodukte ausgeschieden werden. Grapefruitsaft behindert die Wirkung dieses Enzyms in der Darmwand und drosselt offenbar auch die Enzymmenge. Auf Arzneimittel, die injiziert werden – also direkt ins Blut gehen –, hat die herbe Frucht keinen Einfluss.

Viele Arzneimittel dürfen nicht mit Grapefruitsaft eingenommen werden. Die Konzentration des Cholesterinsenkers Simvastatin im Blut könnte sonst beispielsweise bis auf das Siebenfache erhöht sein. Das kann schwere Muskel- oder Nierenschäden hervorrufen. Ebenfalls als Folge der Einnahme mit Grapefruitsaft können die erwünschten und unerwünschten Wirkungen von Sildenafil (Viagra®) verstärkt werden.

Die Stärke des Einflusses von Grapefruitsaft auf Arzneimittel ist nicht vorhersehbar. Sie hängt sowohl von der Art und Qualität des Saftes ab als auch von den verwendeten Arzneimitteln. Man kann daher vor allem nicht sagen: Ich verstärke die Medikamentenwirkung mit Grapefruit und verringere dafür die Arzneimitteldosis.1

Wer Medikamente einnimmt, soll sicherheitshalber auf Grapefruit verzichten, und zwar nicht nur, wenn er das Präparat schluckt. Denn die Wirkung von einem Glas Grapefruitsaft kann bis zu drei Tage anhalten.2 Weil auch für Limonen-, bestimmte Sorten Orangen- und Apfelsaft unkalkulierbare Wechselwirkungen mit Medikamenten beschrieben sind, ist es das Einfachste, Arzneimittel grundsätzlich mit Wasser zu schlucken. Auch von Kaffee, Tee und Milch ist bekannt, dass sie die Wirkstoffaufnahme behindern, beispielsweise bei Eisenpräparaten. Vielfach wird ein Mindestabstand von zwei Stunden empfohlen. Generelle Angaben lassen sich aber nicht machen.

Bitte lesen Sie bei den Arzneimitteln, die Sie einnehmen, im Beipackzettel nach, ob und welche Einnahmevorschriften es gibt.

  1. Pharmazeutische Zeitung 2005; 150: 2788-9
  2. Drugs Ther. Perspect. 2005 , Bd. 21, Nr. 9, S.21-24

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2006 / S.02