Vitamin D-Vergiftung
Liebe Redaktion,
mir machen die Folgen der unsäglichen Pharmawerbung Sorgen. Neuester Schrei: Vitamin D gegen Corona,1 na toll. Ich habe inzwischen zwei Patienten mit schweren Vergiftungserscheinungen (Übelkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme von 10 kg und mehr, Hyperkalzämie, in einem Fall vermutlich mit Bauchspeicheldrüsen-Reizung), die beide Vitamin D via Internet als Tropfen bezogen und die beide fünf Tropfen pro Tag über Monate eingenommen haben. Es waren Empfehlungen von Freunden. Beide Patienten wussten nicht, dass ein Tropfen 1.000 IE Vitamin D enthält und dass die empfohlene Höchstmenge für alte Menschen, die nicht mehr in die Sonne gehen können, bei 800 IE pro Tag liegt.Laut Flüsterpropaganda soll Vitamin D angeblich auch bei Depressionen und schwachem Immunsystem (was immer das sein soll) helfen. Bitte geben Sie einen Warnhinweis in GPSP. Selbst die Mediziner in der Rettungsstelle wussten nicht, dass Vitamin D derzeit in solch toxischen (giftigen) Dosen genommen wird. A. L. (Allgemeinärztin)
GPSP: Ihrer Bitte kommen wir gern nach. Ob Vitamin D vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 schützt, wurde nicht in Studien untersucht und ist auch wenig plausibel.2 Aber in großen Mengen kann Vitamin D gefährlich werden, wie wir bereits in GPSP 2/2018 (S. 13) warnten. Unser Fazit ist nach wie vor gültig: Finger weg von hoch dosierten Vitamin-D-Präparaten ohne ärztliche Untersuchung, Verschreibung und Überwachung! Bei den meisten Menschen in Deutschland reicht ein regelmäßiger kürzerer Aufenthalt im Freien, um ausreichend Vitamin D zu bilden.3 Wer meint, zusätzlich Vitamin D zu benötigen, sollte sich ärztlichen Rat holen. Hinzuzufügen wäre: Freunde zu haben ist gut, aber als medizinische Ratgeber sind sie nicht unbedingt die beste Adresse. Informieren Sie sich lieber bei GPSP oder einem anderen verlässlichen und unabhängigen Anbieter von Gesundheitsinformationen.
Stand: 2. November 2020 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2020 / S.24