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Leberschäden

Iberogast® mit Warnhinweisen

Der Pharmakonzern Bayer wirbt für Iberogast® mit dem Slogan „Mit der Kraft der Natur gegen Magen- und Darm-Beschwerden. Die Kombination aus 9 Heilpflanzen wirkt schnell und effektiv.“ (Screenshot 1. 10. 2018) Und die „Kraft der Natur“ ist natürlich grün – wie das Werbefoto: Auf dem Fläschchen mit der Tinktur klebt ein vornehmlich grünes Etikett, das auf einem Teppich aus grünen Moospflanzen im grünen Wald steht.

Welch eine Idylle. Doch dahinter schwelt ein jahrelanger Konflikt: Weil das rezeptfreie Mittel die Leber schädigen kann, verlangte bereits vor zehn Jahren das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Warnhinweise zur potenziellen Leberschädlichkeit in die Gebrauchsinformation und Fachinformation aufzunehmen. Dagegen wehrte sich der ursprüngliche Hersteller Steigerwald und – nach dessen Übernahme – dann auch Bayer mit allen erdenklichen juristischen Mitteln.3

Dabei ist aktenkundig: Eine solche Leberschädigung kann – wenn auch sehr selten – eine Lebertransplantation erfordern und sogar tödlich enden. Vor einigen Monaten hat die Schweizer Behörde Swissmedic daher Warnhinweise zu der Tinktur durchgesetzt (GPSP 2/2018, S. 15). Und nun musste der Pharmariese auch in Deutschland einlenken und hat die überfälligen Hinweise und Warnungen in die Produktinformationen gedruckt.4

Und darum geht es: Menschen mit einer Lebererkrankung oder bei Verdacht auf eine solche, schwangere und stillende Frauen sollen das schöllkrauthaltige Kräutermittel nicht einnehmen. Es darf nicht gleichzeitig mit anderen leberschädigenden Mitteln genommen werden. Wer es länger als vier Wochen schluckt, soll seine Leberfunktionswerte kontrollieren lassen. Und bei Anzeichen von Leberschäden muss der nächste Weg in eine Arztpraxis führen. Solche Alarmzeichen sind etwa eine Gelbfärbung der Haut oder Augen, dunkler Urin, entfärbter Stuhl, Schmerzen im Oberbauch, Übelkeit, Appetitverlust und Müdigkeit.

Die Änderung im Beipackzettel reicht als Warnung für Patienten nicht aus. Denn wer bereits Iberogast® kennt, wird kaum in die Packungsbeilage schauen. Darum reicht es nicht, wenn die Zulassungsbehörde nur Ärzte und Apotheker informiert.4 Das halten wir für falsch. Im Internet bietet Bayer nach wie vor eine absolut verharmlosende Darstellung der Gefahren für die Leber.5 Die Warnungen findet dort nur, wer den Beipackzettel aufruft und liest.

Dass nun endlich vor möglichen Leberschäden durch Iberogast® gewarnt wird, ist überfällig. Dass es am Markt bleibt, obwohl hinreichende Nutzenbelege fehlen, ist unerfreulich. Dass aber ein Unternehmen es sich leisten kann, ein Jahrzehnt lang eine behördliche Anordnung nicht umzusetzen, muss Konsequenzen haben.3,6

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2018 / S.14