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Keine Statine für Gesunde

Vorbeugende Senkung eines normalen Cholesterinwertes unsinnig

Für viele Menschen mit erhöhtem Cholesterinspiegel ist es von nachgewiesenem Nutzen, die Blut-Cholesterinwerte mit einem Statin zu senken, z.B. nach einem überstandenen Herzinfarkt. Das Risiko, einen zweiten Infarkt zu erleiden, wird dadurch verringert. Nun wurde untersucht, ob Statine auch bei Gesunden vorbeugend helfen. 

Statine (Simvastatin u.a.) beeinflussen den Fettstoffwechsel und sollen nicht nur den Cholesterinspiegel senken, sondern auch eine anti-entzündliche Wirkung besitzen. Das könnte bei Personen, die schon leichte Veränderungen ihrer Gefäße haben, günstig sein. Solche Gefäßveränderungen gehen mit Entzündungen einher. Hinweise auf eine im Körper bestehende Entzündung erhält der Arzt, wenn der CRP-Wert im Blut erhöht ist. Das sagt aber nichts über den Ort der Entzündung aus.

Könnten für Menschen mit erhöhtem Entzündungswert Statine sinnvoll sein, um das Risiko von Herzinfarkt oder Schlaganfall zu senken? Diese Hypothese wurde in einer großen, von dem Pharmahersteller AstraZeneca unterstützten Studie mit dem anspruchsvollen Namen JUPITER,1 überprüft.

Die Studienteilnehmer hatten normale Blutcholesterinwerte, aber ein etwas erhöhtes CRP (mindestens 2,0 mg/l). Ursprünglich wurden fast 90.000 Frauen (über 60 Jahre) und Männer (über 50) rekrutiert. Sie sollten vier Wochen lang Placebotabletten schlucken. Nur wer diese halbwegs regelmäßig einnahm, wurde in die Studie aufgenommen. Das war ein Fünftel. Nach dem Zufallsprinzip erhielt eine Hälfte der 17.802 Studienteilnehmer ein Statin (Rosuvastatin), die andere ein Placebo. Mit Rosuvastatin sank im Blut das LDL-Cholesterin (das „böse“ Cholesterin) um die Hälfte und das CRP um gut ein Drittel. Der Nutzen war jedoch minimal: Das Risiko, ein Herz-Kreislauf-Ereignis zu erleiden, war insgesamt nur um 0,6% verringert, in anderen Worten: Statistisch gesehen müssten 500 gesunde Menschen ein Jahr lang Rosuvastatin einnehmen, um einen einzigen Herzinfarkt zu ver­hindern, oder 625 Menschen, damit ein Schlaganfall weniger auftritt.2 Dabei wären allerdings häufige Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen. Weil die Studie nur knapp zwei Jahre durchgeführt wurde, kann über Nutzen und Risiken einer langfristigen Einnahme nichts ausgesagt werden. Wegen Sicherheitsbedenken – also schwer kalkulierbarer Nebenwirkungen – ist Rosuvastatin in Deutschland erst mit mehrjähriger Verzögerung zugelassen worden.

Eine „vorsorgliche“ Cholesterinsenkung bei quasi gesunden Menschen mit Anzeichen einer Entzündungsreaktion ist wegen des sehr geringen Nutzens und der mit dem Medikament verbundenen Risiken unsinnig. Ein gesunder Lebensstil kann dagegen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erheblich vermindern (siehe GPSP 4/2008, S. 5).

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2009 / S.12