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Silber: Heikler Nanokram

Es soll nicht nur schmücken, sondern auch heilen: Das Edelmetall Silber preisen vor allem Heilpraktiker als Alternative zu Antibiotika an. In flüssiger Form – als kolloidales Silber – ist es problemlos im Internet erhältlich. Als Silberwasser bieten es sogar Apotheken an. Dabei hat das Produkt keine Zulassung als Arzneimittel. Die Risiken sind nicht abschließend geklärt.1

Bereits vor einigen Jahren hat GPSP vor Zubereitungen mit kolloidalem Silber gewarnt (1/2008, S. 11). Diese enthalten außer Wasser kleinste schwebende Silberpartikel. Aufgrund ihrer Winzigkeit werden diese auch als Nanosilber bezeichnet (ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter).

Die Versprechungen in einschlägigen Ratgebern und im Internet sind umfangreich. Die winzigen Metallteilchen sollen gegen Bakterien, Viren und Pilze helfen – egal ob geschluckt bei Erkältungen oder äußerlich aufgetragen bei Fußpilz. Sogar während der Ebola-Epidemie versuchten Trittbrettfahrer, ihre Silber-Produkte an den Mann oder an die Frau zu bringen (siehe GPSP 1/2015, S. 9).

Da dieses Gemisch weder als Medikament zugelassen ist, noch als Nahrungsergänzungsmittel einen gesicherten Nutzen hat, bieten Verkäufer es üblicherweise „für technische Zwecke“ und „ohne Haftung“ an. Das ist ein juristischer Trick, wo doch offensichtlich ist, für was es angeboten wird. Wer will, kann sich sogar für knapp 170 Euro ein Gerät zur eigenen Herstellung der edlen Brühe erwerben.2

Von Anbietern wird meist nicht erwähnt, dass Silber ein Zellgift ist. Wenn es sich mit dem Blut im Körper verteilt, kann es verschiedene Organe schädigen. Eine bekannte unerwünschte Wirkung ist die Argyrie, bei der sich Haut und Schleimhäute durch Einlagerung von Silbersalzen schwarz färben. Diese Verfärbung bleibt dauerhaft bestehen. Es kann außerdem zu Geschmacksstörungen, Geruchsüberempfindlichkeit und Krampfanfällen kommen. In hoher Dosierung schädigt Nanosilber eventuell die Darmflora, denn es greift durchaus Bakterien an.

Was auf jeden Fall sicher ist: Bakterien können gegen Silberprodukte resistent werden! Die Behauptungen, man habe mit Nano- oder Kolloidsilber eine gute Alternative zu Antibiotika, weil diese aufgrund von Resistenzen immer häufiger unwirksam sind, ist also irreführend. Die Behauptung, es gäbe keine Silberresistenz, ist sogar falsch.

Im Alltag

Eine Wirksamkeit von Silber gegen Bakterien und Viren beruht auf den Silberionen, die sich beim Kontakt mit Wasser in kleinen Mengen von metallischem Silber ablösen. Mit dem Boom der Nanotechnologie ist das Metall längst im Alltag angekommen: Beschichtungen im Kühlschrank sollen das Wachstum von Bakterien stoppen und so Gemüse länger frisch halten. Silber in den Socken soll den Geruch von Fußschweiß unterbinden.

Die vielfältige Anwendung in Alltagsprodukten rief die Aufsichtsbehörden auf den Plan. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) prüft seit mehreren Jahren, ob von solchen Nanosilberprodukten Gefahren für die Anwender ausgehen.3 Aber noch immer ist es wissenschaftlich nicht abschließend geklärt, in welchen Fällen Nanosilber nützlich ist und welche Risiken es birgt. Inzwischen ist zumindest eines klar: Die Eigenschaften von Silber hängen davon ab, wie groß die Teilchen sind und in welcher Form sie vorliegen. Erst in den letzten Jahren wurden Standards erarbeitet, um die unterschiedlichsten Zubereitungsformen von Nanosilber systematisch zu untersuchen. Es wird also noch einige Zeit dauern, bis wir zu Sicherheit und Risiken von Silberanwendungen klare Aussagen erhalten.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2015 / S.05