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Neulich in der orthopädischen Wartehalle

Hübsch designed ist die Kinderecke in dieser Praxis für Orthopädie. Kein Wunder, dass ein paar Erwachsene die Höckerchen als Sitzplatz auserkoren und die Kinderlein auf den Fußboden vertrieben haben. Der ist für die Kleinen sowieso der beste Platz zum Spielen.

Wer an Krücken geht oder anderweitig lahmt, braucht allerdings sitzfestes Gestühl ­– bei den branchenüblichen Wartezeiten. Doch das erweist sich als Mangelware in der neuen Residenz einer Hand voll Orthopäden in einem gutbürgerlichen Teil Berlins. Wie kommt’s?

Wahrscheinlich sind am Sitzplatzmangel die Patienten selbst schuld, weil sie sich massenweise am vielversprechenden Ambiente aus Glas, gebürstetem Stahl und Edelholz ergötzen wollen. Oder ist das Gestühl rar, weil Bewegung uns doch immer so gut tut? Womöglich verbirgt sich dahinter sogar eine unschlagbare Philosophie: Stehend warten – oder gehend! Wir sitzen ja den ganzen Tag!

Natürlich sind die Räumlichkeiten modern und transparent: Weshalb das Wartezimmer auch kein echtes Zimmer ist, mit Wänden drum herum und einer Tür, hinter der Patienten von der Welt abgeschnitten sind. Nein, hier herrscht der Charme einer weitläufigen Abfertigungshalle mit mächtig viel Publikumsverkehr und anregendem Telefongebimmel. Wen das nervt, der möge sich Ohrstöpsel oder Kopfhörer einstecken. Falls man dann den Aufruf ins Behandlungszimmer nicht mitkriegt, bleibt einem das Ambiente sogar noch länger erhalten.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2009 / S.10