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Der Apotheker als Heilsverstärker

„Das Unternehmen Dr. Willmar Schwabe hat in den über 140 Jahren seines Bestehens eine weltweit führende Position in der Entwicklung und Herstellung pflanzlicher Arzneimittel (Phytopharmaka) erreicht“, so heißt es auf der Firmenhomepage.1 Und wer eine solche Position hat, der möchte natürlich auch wissen, was den Verkaufserfolg ausmacht – und wie man ihn noch aufpeppen kann. Zumal, und ganz unter uns, die Studienergebnisse zu dem ein oder anderen Schwabe-Produkt nicht unbedingt überzeugend sind2 – die Mittel sich aber trotzdem prima verkaufen.

Da wundert uns nicht, dass der Kräutermittelverkäufer aus Karlsruhe mal neugierig bei 210 Beschäftigten in Apotheken nachgehakt hat. Ihn interessierte brennend, ob sie womöglich auch dann Naturheilmittel an die Frau oder den Mann abgeben, wenn ein Wirkungsnachweis fehlt.3

Und siehe da, sie tun es. 2 von 100 Befragten machen das „sehr häufig“, 20 von 100 „häufig“ – jede fünfte Apothekenfachkraft also. Fast die Hälfte der Befragten gibt solche Präparate „manchmal“ ab. Und magere 7 von 100 Apothekenmitarbeitern beteuern, dass sie „nie“ auf Mittel ohne Wirkungsnachweis zurückgreifen.

Nehmen wir mal an, dass die Antworten ehrlich waren, da fragt man sich doch: Sind die 7 Prozent etwa ignorant? Wissen die nichts von der Placebowirkung und wie angewiesen die auf so genannte emotionale Wirkverstärker ist – etwa auf weiße Kittel hinterm Apothekentresen?

Wer mal beim richtigen Experten mit Professorentitel anfragt, der erfährt, Placebo-Effekte seien „wirksame, steuerbare und hoch interaktive Phänomene.“ Und wenn dem so ist, kann man das doch nützlich finden … und als Unternehmer nebenbei ein bisschen davon profitieren.

Mit der Wirksamkeit4 von Arzneistoffen hat das alles nichts zu tun. Wozu auch? Hier geht es um die Suggestivkräfte des Personals. Wäre doch praktisch, wenn die Apothekenmitarbeiterinnen noch gezielter auf Placebowirkungen statt auf Wirksamkeit setzen.

Wer in der Apotheke Kunden bedient – findet der Geschäftsführer der Firma Schwabe – der sollte sich bei Arzneimitteln, die Mann und Frau aus eigener Tasche bezahlen, „nicht nur als Berater, sondern als Heilsverstärker verstehen“. Und daraus folgt doch ganz logisch, dass es an der richtigen Fortbildung fehlt. In Bezug auf Placebo-Antworten bräuchten Apotheker und ihre Angestellten „tiefergehende Kenntnisse der Placeboforschung und praktischer Methoden der Heilsverstärkung“.

Vielleicht lässt sich die Heilsverstärkung ja dermaßen verstärken, dass bald wirkstofffreie Placebos das Sortiment der Apotheken beherrschen – am besten zu Placebopreisen.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2015 / S.18