Afrika: Gefälschte Arzneimittel gegen Covid-19
Gepanscht werden nicht nur Nahrungsergänzungsmittel, sondern auch echte Medikamente. Bis vor Kurzem wurde das Malariamittel Chloroquin noch als Mittel gegen Covid-19 gehypt. Fälscher nutzten das in Afrika für windige Geschäfte.
Kirchliche Einrichtungen in Kamerun und im Kongo, die dort die lokale Arzneimittelversorgung sicherstellen, waren Ende März auf gefälschte Chloroquin-Tabletten gestoßen. Sie wurden zu überhöhten Preisen nicht nur von Straßenhändlern, sondern sogar in regulären Apotheken verkauft. Vor Ort konnte in einem Labor bestätigt werden, dass die teils täuschend echt verpackten Medikamente nicht die angegebene Wirkstoffmenge Chloroquin enthielten, genauere Analysen waren jedoch nicht möglich.
Fünf der gefälschten Präparate wurden nach Deutschland gebracht und von der Universität Tübingen gründlich untersucht.1 Nur eines enthielt tatsächlich den angegebenen Wirkstoff – allerdings nur ein Fünftel der auf der Packung angegebenen Menge. Alle anderen enthielten überhaupt kein Chloroquin. Drei enthielten das Antibiotikum Metronidazol in geringer Dosis. Der Wirkstoff sollte offenbar Chloroquin vortäuschen, da er auch sehr bitter schmeckt. Das ist nicht nur Betrug, sondern fördert auch die Ausbreitung von Resistenzen gegen diese lebenswichtigen Medikamente bei bakteriellen Infektionen.
Diese Geschichte macht deutlich, wie wichtig eine gut kontrollierte Arzneimittelversorgung ist. Während hierzulande Fälschungen kaum Chancen haben, ist das in einem unzureichend kontrollierten Umfeld schwer zu gewährleisten. Wenn die öffentlichen Gesundheitssysteme unterfinanziert sind, was in vielen Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas der Fall ist, stehen Erkrankte nicht selten vor der Wahl: entweder den Arzt oder die Medikamente zu bezahlen. Oft werden die Mittel dann bei fachlich nicht ausgebildeten Händlern eingekauft, weil sie dort billiger sind – oder die nächste Apotheke weit weg ist. Das ist ein Einfallstor für kriminelle Fälscher.
Inzwischen ist ziemlich sicher, dass Chloroquin und das eng verwandte Hydroxychloroquin nicht gegen Covid-19 helfen. Beide Wirkstoffe können aber schwere Nebenwirkungen verursachen. Deshalb stoppte die Weltgesundheitsorganisation auch Ende Juni dieses Jahres den Einsatz der beiden Wirkstoffe in einer großen internationalen Studie.2
- Gnegel G u.a. (2020) Am J Trop Med.Hyg; 103, S. 732
- arznei-telegramm® (2020) e-at 6/2020c
Stand: 30. August 2020 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2020 / S.27