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© Lisay/iStock

Elektronische Patientenakte: Holpriger Start für die ePA

Was die ePA derzeit schon kann – und was nicht

Die Elektronische Patientenakte soll die Kommunikation mit Arzt oder Ärztin erleichtern. Doch das ehrgeizige Projekt hat immer noch nicht Fahrt aufgenommen.

Schneller Zugriff auf behandlungsrelevante Daten, mehr Sicherheit durch besseren Me­di­ka­­menten-Überblick, besserer Aus­tausch zwischen Arzt­praxen, Apotheken und Thera­­peut:innen: Das soll die elektronische Patientenakte (ePA) bieten. Doch im Moment hinken die Krankenkassen dem ur­sprüng­lichen Zeitplan zur Einführung hinterher.

Bereits seit Januar 2021 können Versicherte bei ihrer Krankenkasse eine ePA beantragen. Der Zugriff ist für sie mit Smartphone oder Tablet über eine App möglich. Seit Juli 2021 haben Kassenärzte die Option, Daten in die Patientenakte einzutragen und aus ihr abzurufen.

Das elektronische Rezept befindet sich seit dem 1. Dezember 2021 in einer erweiterten Testphase. Doch nur wenige Arztpraxen stellen digitale Rezepte in Form eines QR-Codes bislang routinemäßig aus.

Wer hat worauf Zugriff?

Bereits seit Januar 2022 sollen Versicherte selbst entscheiden können, welche Daten erfasst werden und welche Ärzte oder Ärztinnen sie sehen dürfen. Doch das funktioniert noch immer nicht.

Allerdings ist es schon heute möglich, einen separaten Notfalldatensatz zu erstellen. Auf den können dann alle Behandelnden automatisch zugreifen.

Ab 2022 sollen weitere Funktionen wie der Impfpass, der Mutterpass, das Kinderuntersuchungsheft und das Zahnbonusheft dazukommen. Auch Hebammen, Pflegekräfte und Physiotherapeut:innen sollen künftig auf die ePA zugreifen können. Bisher ist das nur für approbierte Heilberufe aus (Zahn-)Medizin, Pharmazie und Psychotherapie möglich. In Nordrhein-Westfalen startete dazu im Januar 2022 ein Pilotprojekt.

Auch ohne Smartphone

Dafür, dass nicht nur die Versicherten mit einem eigenen digitalen Endgerät wie einem Smartphone und Tablet die ePA pflegen können, setzt sich der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber ein. Seiner Schätzung nach betrifft das rund zehn Prozent der Versicherten. Für sie sollen die Kassen einen barrierefreien Zugang über Gesundheits­terminals in Krankenhäusern oder den Geschäftsräumen der Krankenkassen zur Verfügung stellen. Außerdem sollen sie „feingranular“, also einzeln für jedes Dokument entscheiden können, welcher Arzt oder welche Ärztin Einsicht bekommt.

Gegen diese Weisung wehren sich nun fünf Krankenkassen1 mit einer Klage, was die ePA weiter verzögern wird. Mit genau welcher Argumentation sie sich wehren, ist nicht bekannt. Mit Verweis auf das „laufende Verfahren“ geben die Prozessbeteiligten keine Auskunft.
Rückendeckung erhalten die fünf Versicherer von ihrer zuständigen Aufsichtsbehörde, dem Bundesamt für Soziale Sicherung. In einem Rundschreiben an die Kassen erläuterte die Behörde, dass es aus ihrer Sicht „zwingend erforderlich“ sei, gegen die Weisung des Bundesdatenschutzbeauftragten vorzugehen.

Zukünftig Widerspruchslösung?

Bisher haben weniger als eine halbe Million der 70 Millionen Kassenpatient:innen eine elektronische Patientenakte aktiviert. Damit die ePA mehr Fahrt aufnimmt, ist derzeit eine „Opt-out-Lösung“ im Gespräch: Danach soll es die ePA nicht mehr nur auf ausdrücklichen Wunsch geben, sondern sie wird für alle gesetzlich Versicherten automatisch angelegt. Wer nicht möchte, soll widersprechen können. Dieser Plan findet sich im Koalitionsvertrag, wird aber auch vom Sachverständigenausschuss Gesundheit und dem Deutschen Ärztetag unterstützt. Bisher fehlen dafür aber die gesetzlichen Grundlagen.

 

Nachgefragt: Digitalisierung und Patientenrechte

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2022 / S.24