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© J. Schaaber

Der Eisen-Manager

Ein Hormon reguliert alles

Blut ist ein wichtiges Transportmittel. Seine roten Blutkörperchen enthalten den eisenhaltigen
Blutfarbstoff Hämoglobin. Es kann in der Lunge Sauerstoff und Kohlendioxid binden und auch wieder abgeben. So erhalten alle Körperzellen beim Einatmen den notwendigen Sauerstoff. Wohingegen Kohlendioxid, ein Endprodukt des Stoffwechsels, zur Lunge abtransportiert und ausgeatmet wird. Das Spurenelement Eisen hat dabei eine zentrale Funktion.

Damit sich rote Blutkörperchen immer wieder neu bilden – sie überdauern nur ca. 90 Tage – und so sämtliche Körperfunktionen aufrechterhalten können, ist eine wohldosierte, kontinuierliche Zufuhr von Eisen notwendig. Dieses lebenswichtige Spurenelement muss mit der Nahrung regelmäßig aufgenommen und im Körper optimal verteilt werden.

2001 gab es eine kleine Sensation in der Forschung, die das Verständnis des Eisenstoffwechsels vertieft hat:1 In der Leber wurde ein Hormon entdeckt, das den Namen Hepcidin erhielt.2,3 Es sorgt maßgeblich dafür, dass unser Eisenhaushalt im Gleichgewicht bleibt: Hepcidin reguliert die Eisenaufnahme (siehe Kasten) im Darm. Es setzt Eisen aus den „Fresszellen“ im Blut frei, recycelt Eisen aus absterbenden roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und macht gespeichertes Eisen aus den Leberzellen verfügbar.

Zwei Formen des Eisenmangels

Aus Eisenmangel resultiert Blutarmut (Anämie). Die macht sich als Müdigkeit, Erschöpfung, mangelnde Leistungsfähigkeit und blasse Gesichtsfarbe bemerkbar. Sind die Eisenspeicher leer und ist die Konzentration des Hepcidin-Hormons auf einem Tiefstand, dann bilden sich weniger rote Blutkörperchen, und diese verfügen außerdem über zu wenig Hämoglobin. Das passiert zum Beispiel durch den wiederkehrenden Eisenverlust bei der Menstruation oder durch größeren Blutverlust bei einer Operation. Man spricht dann von einem absoluten Eisenmangel. Frauen, die ein Baby bekommen (in der späteren Schwangerschaft besteht ein höherer Eisenbedarf) und Kinder (Wachstumsphase) können auch betroffen sein. Eine Eisenmangelanämie lässt sich in solchen Situationen mit den üblichen biochemischen Messungen (insbesondere dem Ferritinwert) im Blut nachweisen und vom Arzt gut behandeln.

Schwieriger ist das, wenn ein sogenannter funktioneller Eisenmangel zur Anämie führt. Dabei sind die Eisenspeicher, wie die üblichen Blutbefunde zeigen, voll und der Hepcidin-Spiegel folglich hoch. Dennoch wird das blutbildende Knochenmark nicht mehr ausreichend mit Eisen versorgt. Zum funktionellen Eisenmangel kann es bei chronischen Erkrankungen kommen, zum Beispiel bei Nieren- oder Herzschwäche, bei einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung oder bei „Gelenkrheuma“ (rheumatoide Arthritis). Eine Messung des Hepcidins könnte beim funktionellen und auch beim absoluten Eisenmangel zusätzlich Klarheit für die Diagnose schaffen. Die bisherigen Messmethoden für Hepcidin sind aber aufwendig und keine Routine in Kliniken oder Praxen.

Behandlungsformen

Die Ursachen einer Eisenmangelanämie sollten immer näher untersucht und wenn möglich behandelt werden. Eisenmangel kann durch eisenhaltige Tabletten, Kapseln oder Lösungen ausgeglichen werden. Allerdings kann es Monate dauern, bis die Speicher wieder aufgefüllt sind. Über die Dauer der Therapie entscheidet der Arzt oder die Ärztin. Eine Infusion von Eisen kommt nur in Betracht, wenn zum Beispiel geschluckte Präparate nicht wirken oder unverträglich sind. Weil Eiseninfusionen neben al­lergischen Reaktionen auch einen lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock auslösen können, dürfen sie nur dort gelegt werden, wo man für solche Notsituationen passend ausgestattet ist. Also in der Arztpraxis oder im Krankenhaus.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2016 / S.25