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Gerstengraspulver

Anbieter: Viele Online-Anbieter, zum Beispiel Fair Trade Handels AG (Stans/Schweiz). Preis: 150 g für 17,50 € + Versand1

Was ist Gerstengraspulver? Gerste (Hordeum vulgare) ist eine uralte Getreideart, die schon vor mehreren tausend Jahren kultiviert wurde. Gerste gehört botanisch zu den Süßgräsern. Die grüne Pflanze wird getrocknet und pulverisiert als Gerstengraspulver verkauft.

Was wird versprochen? Gerstengras gehört laut Anbieterwerbung „dank der großen Fülle an Vital- und Nährstoffen zu den wertvollsten Nahrungsergänzungsmitteln“, man könne „Gerstengras schon fast als eine der Heilpflanzen betiteln“.2 An Eigenschaften wird aufgelistet: „Durchblutungsfördernd, senkt den Cholesterinspiegel, wirkt als Aphrodisiakum, beruhigt Magen und Verdauung, unterstützt Leber und Bauchspeicheldrüse, wirkt sich positiv auf Allergien, Hautprobleme und auf die Knochen aus“.2 Andere Händler haben noch mehr zu bieten: „Vorbeugung gegen Krebs“, „hilft enorm bei Haarausfall“ und „baut Stress und Spannungen ab“.3

Was ist belegt? Für Gerstengras ließen sich keine klinischen Studien finden, die einen Nutzen für den Menschen belegen. Wir stießen nur auf eine Untersuchung zu „barley grass“ aus Taiwan mit 35 Personen, die aber nicht aussagekräftig ist.4

Anbieter von Gerstengraspulver argumentieren dennoch, dass bestimmte Inhaltsstoffe einen Nutzen haben – etwa die Antioxidanzien. Die sind ein Klassiker in Sachen Gesundheitsversprechungen (GPSP 1/2013, S. 12). Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA stellt in ihrer Bewertung von Gerstengraspulver und anderen Nahrungszusätzen klar: „Behauptungen, die mit Bezug auf antioxidative Eigenschaften gemacht werden und auf Versuchen im Reagenzglas basieren, gelten für ein Modellsystem. Die Information aus dem Reagenzglas lässt sich nicht auf einen gesundheitlichen Nutzen beim Menschen übertragen. Es gibt keine Belege dafür, dass antioxidative Inhaltsstoffe einen physiologischen Nutzen hätten.“5 Was im Labor und im Reagenzglas funktioniert, funktioniert noch lange nicht automatisch bei Menschen. Eine Wirkung lässt sich nur durch seriöse klinische Studien belegen, und die gibt es eben für Gerstengraspulver nicht.

Anbieter von Gerstengraspulver hatten bei der EFSA übrigens beantragt, ihre Produkte mit dem Hinweis (Health Claim) verkaufen zu dürfen, Gerstengras sei „stimulierend“, gebe „Energie und Vitalität“ oder habe einen „Nutzen für den Stoffwechsel“.6 Dieses Ansinnen wurde von der EFSA abgelehnt, da die Behauptungen zu unspezifisch, zu schwammig sind.

Was sagt GPSP? Zu schön, um wahr zu sein. Wer im Internet die zahlreichen „Erfolgsmeldungen“ zur gesundheitlichen Wirkung von Gerstengraspulver liest, kann eigentlich nur skeptisch sein und das Thema gleich als Quacksalberei (GPSP 6/2006, S. 6) abhaken. Wenn das alles stimmen würde, warum ernährt sich dann die Menschheit von Getreidekörnern und ist nicht schon längst auf getrocknetes Gras umgestiegen?

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2014 / S.08