Es gibt viele Behandlungsmöglichkeiten von Akne
Nicht rumquetschen!
Erwachsenwerden ist nicht einfach, krempeln doch die Hormone den Körper einmal von Kopf bis Fuß um. Und fast jeder Teenager möchte cool aussehen. Oft machen dann Mitesser und Pickel im Gesicht oder Dekolleté einen Strich durch die Rechnung: Akne vulgaris heißt die Spaßbremse auf Latein, und wer von uns Großen hat sie nicht selbst durchgemacht? Wir erklären, wie Akne entsteht, wie man sie in Schach halten kann und welche Mittel sie lindern.
Akne vulgaris trifft vor allem Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren1 – mehr oder minder stark. Sie klingt meist mit dem Ende der Pubertät ab. Unbehandelt kann schwere Akne Narben hinterlassen. Aber wie kommt es überhaupt zur Akne?
Die „bösen“ Hormone
Während der Pubertät zirkulieren bei Jungen, oft aber auch bei Mädchen, mehr männliche Sexualhormone (Androgene) im Blut. Diese haben Einfluss auf die Hautbeschaffenheit, denn sie bringen die Talgproduktion in den Haarzellen auf Hochtouren und das „Pickeldrama“ kann beginnen (siehe Abbildung). Besonders viele Talgdrüsen finden sich im Gesicht, auf der Brust und dem Rücken. Deshalb tritt die Akne meist in diesen Zonen auf.
Mythen und Gerüchte
Akne ist kein Zeichen von mangelnder Hygiene, zu viel Sex oder Schokolade. Sie ist auch keine Form der Nahrungsmittelallergie. Die Ernährung könnte zwar eine Rolle spielen, doch die Details sind strittig. Diabetes oder Übergewicht während der Pubertät scheinen Akne zu begünstigen.2 Psychische Faktoren könnten eine Rolle spielen, das ist aber bislang nicht eindeutig belegt. Sicher ist aber, dass bestimmte Medikamente Akne fördern können (etwa Anabolika, Kortison, Psychopharmaka).3
Pflege tut gut
Eine regelmäßige, adäquate Pflege der aknegeplagten Haut ist sehr wichtig – und ist auch Balsam für die Seele.4 Statt Seife dürfen nur Syndets (seifenfreie Reinigungsmittel, pH-Wert ca. 5,5) angewendet werden. Zu häufiges Waschen (mehr als zweimal am Tag) ist nicht sinnvoll, es reizt die Haut. Statt stark fettender Pflegeprodukte sollten Öl-in-Wasser-Emulsionen oder Hydrogele benutzt werden. Zu viel Kosmetik kann die Akne verschlimmern.
Es gibt aber auch kosmetische Produkte gegen Akne mit unterschiedlichen Inhaltsstoffen. Ein Zusatz von verschiedenen Säuren (Frucht-, Glykol-, Salizylsäure) soll die Mitesserzahl reduzieren können.
Hautreinigung mit Peeling funktioniert wie Schleifpapier und scheuert Hautzellen von der Oberfläche ab. Auch Fruchtsäuren und Salizylsäure fördern das Abschälen der Haut – als ein chemisches Peeling. Salizylsäure hat gleichzeitig eine bakterienhemmende Wirkung, sodass sich die Mitesser nicht so leicht entzünden. Benzoylperoxid ist ein weiterer Inhaltsstoff, der Bakterien abtötet. Er wird auch in Medikamenten eingesetzt (siehe Seite 5). Das Peeling lässt sich mit einer manuellen Therapie kombinieren, die der Arzt verordnen kann. Dann übernehmen geschulte Kosmetikerinnen die Behandlung: Zuerst wird die Haut desinfiziert und gepeelt, danach werden Pickel entfernt. Das kann anfangs zweimal wöchentlich geschehen. Hat sich die Akne gebessert, sollte man die Haut einmal monatlich vorbeugend säubern lassen.1
Jeder Mensch reagiert anders auf kosmetische Produkte und muss selbst rausfinden, was der eigenen Haut gut tut und was gar nicht geht. Vor allem nach dem Peeling ist die Haut häufig erst einmal gereizt und auch empfindlicher gegen Sonnenlicht.
Notfalls auch Medikamente
Eine leichte Akne lässt sich meist mit entsprechenden Pflegeprodukten, Geduld und Sorgfalt in den Griff bekommen. Wenn das nicht klappt, sollte rechtzeitig der Hausarzt oder die Hausärztin draufschauen. Dann kann entschieden werden, ob und welche der folgenden Mittel für eine Behandlung sinnvoll sind.
Benzoylperoxid (BPO) als Lösung oder Gel gehört zur Standardbehandlung der Akne.1,4 Es tötet Bakterien ab, und die Entzündung lässt nach. Mitesser werden sogar aufgelöst. Stark verdünnte Lösungen oder Gele (2,5% bis 5%) sind besser. Bei leichter Akne verteilt man das Mittel 1- bis 3-mal täglich dünn auf die betroffene Hautpartie und das über acht Wochen oder länger. In dieser Zeit sollte direkte Sonne vermieden werden, denn UV-Licht samt Hautreizung kann Pigmentstörungen verursachen. Und Vorsicht: BPO kann Haare und Kleidung bleichen.
Stellt sich mit BPO kein wirklicher Erfolg ein, lässt es sich mit äußerlich angewendeten Retinoiden (etwa Isotretinoin, Tretinoin) kombinieren. Sie können bei leichterer Akne – alternativ zu BPO – auch als alleiniges Mittel nützlich sein. Man kann den Wirkstoff als Creme, Gel oder Lösung auf die problematischen Stellen aufgetragen. Der Effekt: Retinoide drosseln die Bildung der Hornzellen im Follikel und die Poren verstopfen nicht so oft. Sie wirken somit gegen Entzündungen und Mitesser.1 Retinoide sind allerdings während Schwangerschaft und Stillzeit tabu! Sie schädigen das Ungeborene und gestillte Babys.
Leichte Akne
Azelainsäure kann für Frauen eine Alternative zu Retinoiden sein. Die Wirksamkeit ist aber mit deutlich weniger Studien belegt. Sowohl bei einer leichten als auch bei einer mittelschweren Akne kann Azelainsäure das Hautbild verbessern – gegebenenfalls in Kombination mit BPO. Die Behandlung sollte mindestens 12 Wochen dauern, das geht auch während einer Schwangerschaft.
Mittelschwere Akne
Studien haben gezeigt, dass es die Wirksamkeit von BPO verstärkt, wenn auch Antibiotika auf die Haut aufgetragen werden. Manche Produkte kombinieren deshalb diese beiden Wirkstoffe. Eine solche Behandlung sollte mindestens zwei und höchstens sechs Wochen dauern. Das Risiko: Es können sich resistente Bakterienstämme bilden, und es wird vertrackter, die Akne in den Griff zu kriegen.
Für mittelschwere Akne, bei der die bislang genannten Behandlungsmöglichkeiten nicht zum Erfolg führen, kommen auch die im folgenden Abschnitt beschriebenen Therapien in Frage.
1. Akt: Jedes Härchen wächst aus einer Wurzel heraus, die ständig neue Hornzellen bildet. In direkter Nachbarschaft liegen Drüsen, die Talg (Hautfett) produzieren. Haar und Talgdrüsen befinden sich in einer Art Tasche, dem Follikel. | 2. Akt: Wird zu viel Talg produziert oder entstehen zu viele Hornzellen, verengt sich der Ausgang des Follikels und verstopft. Der gebildete Talg kann nicht mehr abfließen. Sichtbar wird der Pfropfen am dunklen Mitesser (Komedon), der sich in der Öffnung bildet. | 3. Akt: Die dort ansässigen Bakterien erzeugen eine Entzündung, die auf die umgebende Haut übergreift, der Mitesser wird zum Pickel und „platzt“ schließlich. Wer an dem Mitesser herumdrückt, befördert die Bakterien noch tiefer in die Haut. Es bilden sich dann die Aknepusteln, also eitrige Entzündungender Follikel und des benachbarten Hautgewebes. |
Schwere Akne
Bessert sich schwere Akne durch eine äußerliche Behandlung der Haut mit Gels und Fluids nicht und bringt auch die Kombination mit „physikalischen“ Maßnahmen wie Schälen (Peeling) keinen rechten Erfolg, können Hormontabletten helfen. Die Behandlung mit Hormonen kommt nur für Frauen infrage, die eine mittelschwere oder schwere Akne haben – und nur in Kombination mit einer äußerlichen Behandlung, wenn diese allein nichts gebracht haben. Ziel ist es, den Anteil männlicher Hormone zu senken und dadurch die Talgproduktion zu drosseln. Es gibt Hormonpräparate, die speziell für Akne zugelassen sind. Sie wirken alle auch empfängnisverhütend. Da aber gewöhnliche Antibabypillen mit Östrogen und Gestagen eine vergleichbare Wirkung auf die Haut haben5 und weniger Risiken bergen, sind sie vorzuziehen. Die „Pille“ gibt es bis zum 20. Geburtstag auf Kosten der Krankenkasse; bis 18 ist sie auch zuzahlungsfrei.
Die Therapie sollte möglichst gemeinsam von Hautarzt und Frauenarzt geplant sowie überwacht werden. Die unerwünschten Wirkungen der „Pille“ sind vor allem Brust- oder Kopfschmerz und Stimmungsveränderungen. Selten, aber sehr bedrohlich sind Venenthrombose, Schlaganfall und Herzinfarkt.
Bei entzündlicher Akne kann die Einnahme von Antibiotika sinnvoll sein, allerdings nur in Kombination mit einer äußerlichen Behandlung oder einer Hormontherapie (bei Frauen), und zwar insbesondere dann, wenn Gels und Fluids nichts brachten oder die Akne sich auf einer größeren Fläche ausbreitet.1 Antibiotika bekämpfen die Bakterien, die Entzündungen auslösen. In Deutschland sind nur Tetrazykline (Doxycyclin, Minocyclin) sowie Erythromycin zur Aknetherapie zugelassen. Weil jedoch die klinischen Studien zu dieser Anwendung zahlreiche Mängel zeigen, ist es nicht möglich, ein bestimmtes Antibiotikum als vorteilhaft zu empfehlen.6 Es kommt also darauf an, welches Mittel gut verträglich ist, und zu beobachten, ob es anschlägt – denn manchmal sind Bakterien gegen bestimmte Wirkstoffe resistent. Im Allgemeinen sollen Patienten mit schwerer Akne die Medikamente ein bis drei Monate einnehmen. Frauen im gebärfähigen Alter müssen sicher verhüten, sonst dürfen sie Präparate mit Tetrazyklinen nicht einnehmen. Minocyclin kann zu schweren immunologischen Störungen zum Beispiel einer Leberentzündung verbunden mit Blutbildveränderungen führen – wir raten von der Anwendung bei Akne ab.7
Wenn sich schwere Akne durch eine äußerliche Behandlung und eingenommene Antibiotika nicht bessert und sich auf der Haut starke Narben bilden, kommt Isotretinoin in Frage – trotz der Gefahr von schweren unerwünschten Wirkungen. In den ersten Wochen der Therapie kann sich die Akne allerdings verschlimmern. Unerwünschte Wirkungen sind trockene Augen, Muskelschmerzen, Ansteigen der Blutfettwerte, Störungen der Leberfunktion. Bei Jugendlichen wurden Störungen des Knochenwachstums beobachtet. Selten kann es zu chronisch entzündlichen Darmerkrankungen kommen. Über das Risiko von Depressionen und Suizid bei dieser Therapie hat GPSP bereits berichtet (5/2011, S. 4). Schwangere Frauen dürfen Isotretinoin auf keinen Fall einnehmen. Eine sichere Verhütung ist daher ein Muss. Ferner werden in genau vorgeschriebenen Intervallen vor, während und nach der Behandlung Schwangerschaftstests gemacht. Isotretinoin gehört zur Gruppe der Retinoide, die bereits für die äußerliche Anwendung bei leichter Akne beschrieben wurden. Retinoide sollte man entweder äußerlich oder innerlich anwenden, niemals gleichzeitig.
Es gibt viele Möglichkeiten, Akne zu bekämpfen und nicht immer führt die erste Behandlung zum Ziel. Geduld ist angesagt. Die Beratung eines Hautarztes sollte rechtzeitig in Anspruch genommen werden. Und jeder sollte selbst beobachten und ausprobieren, was den Hautzustand verbessert oder verschlimmert – vom Essen bis zum kosmetischen Produkt. Behandlungsmethoden wie Laser oder Blaulicht sind nicht gut untersucht und lassen sich deshalb nicht empfehlen.
Stand: 1. August 2014 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2014 / S.04