Sterben an Ebola oder an der Armut?
Medikamente fehlen – doch zur Katastrophe gehört noch mehr
Der Ruf nach Medikamenten und Impfstoffen gegen Ebola ist richtig, doch die können die Epidemie nicht kurzfristig stoppen. Dazu bedarf es anderer Maßnahmen.
Wenn Afrikanerinnen und Afrikaner zu Tausenden an Infektionskrankheiten sterben, ist das in den Medien selten ein Thema. Bei Ebola ist das anders. Vielleicht hängt das mit der Erinnerung an die Pest in Europa zusammen, die bis ins 18. Jahrhundert immer wieder viele Todesopfer forderte. Albert Camus hat mit seinem Roman „Die Pest“ dieser Infektion ein eindringliches Denkmal gesetzt.
Der Unterschied: Wir kennen heute den Erreger von Ebola, die Übertragungswege und wie die Ansteckung mit relativ einfachen Maßnahmen zu verhindern ist. Das sind eigentlich gute Voraussetzungen für die Bekämpfung. Aber die Lebensbedingungen vieler Menschen in den besonders betroffenen Ländern sind schlecht und die Infrastruktur zur Erhaltung der Gesundheit ebenfalls. Beengtes Wohnen und schlechte hygienische Bedingungen tragen zur rasanten Ausbreitung bei. Die fehlende Aufklärung über Infektionskrankheiten und das mancherorts begründete Misstrauen gegen staatliche Strukturen erschweren die Bekämpfung ebenso wie die fehlenden Ressourcen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in den betroffenen Ländern viel zu spät Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen für jedermann veröffentlicht, die das Infektionsrisiko verringern können.1 Dabei sind diese für Erkrankte besonders wichtig, weil vielerorts Isolierstationen noch fehlen. Die Möglichkeiten, die WHO-Empfehlungen zu befolgen, ist nur teilweise gegeben. Wer hat zu Hause schon eine zweite Toilette für den erkrankten Patienten? Empfehlungen zur sicheren und dennoch würdevollen Bestattung gab die WHO erst im Oktober heraus. Bedenkt man, dass mindestens ein Fünftel der Ansteckungen bei Beerdigungen passieren, ist das reichlich spät.2
Bei aller Kritik an der WHO sollte man nicht vergessen, dass sie seit Jahren unterfinanziert ist. Die Beiträge der Mitgliedsstaaten decken nur rund 20% des Budgets, der Rest sind freiwillige Beiträge oder Gelder von Stiftungen, die ihre eigenen Prioritäten verfolgen. Ebola gehörte bislang nicht dazu.
Das Leben verbessern
In allen Entwicklungsländern ist es eine vordringliche Aufgabe, die Lebensumstände der ärmeren Bevölkerung zu verbessern. Ausreichendes Einkommen, menschenwürdige Wohnverhältnisse, gute Ernährung und sauberes Trinkwasser, Kanalisation, Ausbildung und Beteiligung der Bevölkerung an der Umsetzung sind der Schlüssel für bessere Gesundheit. Denn auch wenn die aktuelle Ebola-Epidemie irgendwann abebbt, erkranken in afrikanischen Ländern nach wie vor Hunderttausende an Infektionen wie Durchfall, Malaria oder Tuberkulose. Es braucht mehr als nur Medikamente, um diese Krankheiten zu bekämpfen. Bis ins 20. Jahrhundert war Tuberkulose auch in Deutschland eine häufige Todesursache. Bessere Lebensbedingungen und Hygiene haben die Krankheit eingedämmt – nicht Medikamente, denn die gab es damals noch gar nicht.
Stand: 2. Januar 2015 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2015 / S.08