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Rosiglitazon (Avandia®)

Diabetesmittel im freien Fall

Medikamente gegen Diabetes sollen die gefährlichen Folgen der Krankheit verringern. Rosiglitazon (Avandia®) scheint aber sogar das Gegenteil zu bewirken und Herzinfarkte fördern zu können (GPSP 4/2010, S. 3). Jetzt wird über ein Verbot diskutiert.

Die Zahl der zuckerkranken Menschen steigt. Das liegt auch an der Ernährung und mangelnder Bewegung. Arzneimittel, die auf bequeme Weise den Blutzucker senken sollen, sind gefragt. GlaxoSmithKline (GSK) hatte mit Rosiglitazon (Avandia®) bereits das Ziel erreicht, weltweit die Nummer 1 unter den Antidiabetika zu werden – was die Umsätze angeht –, da mehrte sich die Kritik an der Substanz. Denn es gibt deutliche Hinweise, dass Rosiglitazon schädlich wirken kann und beispielsweise das Herzinfarktrisiko erhöht. Außerdem fehlen Studien die belegen, dass das Mittel nicht nur den Blutzuckerspiegel senkt, sondern auch andere schlimme Folgen von Diabetes wie Blindheit und Amputationen mindert. Um mehr Klarheit zu den besonderen Risiken von Rosiglitazon zu gewinnen, hat die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA im Juli eine Gutachtertagung durchgeführt. Dafür hatten FDA-Mitarbeiter unter anderem eine vom Hersteller durchgeführte Sicherheitsstudie zu Rosiglitazon noch einmal genau analysiert. Sie fanden etliche Ungereimtheiten in den Daten. So waren Herzinfarkte und andere Ereignisse zum Teil falsch zugeordnet worden, fast immer zugunsten von Rosiglitazon.1

Beinah-Verbot oder kein Problem?

Nach zweitägiger Beratung stimmten von 33 Beratern der FDA 12 für ein Verbot des blutzuckersenkenden Mittels, weitere 17 für den Verbleib auf dem Markt bei beträchtlich verschärften Warnhinweisen und teilweise deutlichen Anwendungseinschränkungen und nur 3 stimmten für keine weiteren einschränkenden Maßnahmen. Inzwischen ist aber durchgesickert, dass einer der drei Berater, die für die uneingeschränkte Weitervermarktung von Rosiglitazon gestimmt hatten, für Vorträge einige tausend Dollar von GSK erhalten hat. Eine Sprecherin der FDA bezeichnet es als illegal, wenn FDA-Berater Interessenkonflikte verschweigen.2
Eine Entscheidung der FDA zu Rosiglitazon steht noch aus. Die europäische Zulassungsbehörde EMA berät schon in Kürze über Rosiglitazon. Bei Redaktionsschluss stand das Ergebnis noch aus.

Mittlerweile schlagen die Wellen hoch. Die Berater der britischen Arzneimittelbehörde haben einstimmig die Marktrücknahme von Rosiglitazon empfohlen. Dieses Beratungsergebnis wurde jedoch wochenlang nicht öffentlich gemacht.3 Und das deutsche Bundesgesundheitsministerium hat mit fadenscheinigen Gründen den Beschluss der zuständigen Gremien erst einmal gestoppt, der vorsah, dass die Kranken­kas­sen das Mittel nicht mehr erstatten dürfen.4

Da bis heute Nachweise fehlen, dass Rosiglitazon tatsächlich die schweren Komplikationen des Diabetes mellitus verringern kann und im Gegenteil das Risiko von Herzinfarkten sogar zu erhöhen scheint, sollte angesichts der Risiken unseres Erachtens auf das umstrittene Mittel verzichtet werden.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2010 / S.14