Ohrkerzen: gefährlicher Humbug
Bereits vor zwei Jahren hat Gute Pillen – Schlechte Pillen (GPSP 5/2007, S. 11) vor Ohrkerzen gewarnt, weil sie zum Beispiel Gehörgang oder Trommelfell verletzen können. Eine neue Meldung der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde (FDA)1 untermauert dies und betont, dass eine Gefährdung selbst bei vorschriftsgemäßem Gebrauch besteht: Verbrennungen drohen im Gesicht, an der Ohrmuschel, im Gehörgang und im Mittelohr.
Kerzenwachs kann die Ohren verstopfen, tropfendes Wachs kann sie verletzen. Schließlich können die röhrenartigen Kerzen aus Wachs oder Paraffin und Gaze das Trommelfell durchstoßen. Zusätzlich ist die Brandgefahr erhöht, und eine wichtige ärztliche Behandlung wird womöglich hinausgeschoben, weil man auf die Wirkung von Ohrkerzen setzt. Unterdruck durch das Abbrennen der Kerze soll Verunreinigungen aus dem Ohr heraus befördern. Aber ein solcher Unterdruck ist laut FDA nicht messbar. Zudem ist wissenschaftlich nicht begründbar, was Ohrkerzen angeblich alles günstig beeinflussen: „Sinusitis, Migräne, Tinnitus, Ohrgeräusche, Ohrhygiene, Stress, Hyperaktivität, Stockschnupfen, Durchblutungsstörungen der Ohren, Schnupfen, Störungen im Nebenhöhlenbereich, Ohrensausen“.2 Gute Pillen – Schlechte Pillen hat Ohrkerzen schon früher als „obskur“ bezeichnet. Dass die ganze Prozedur auf Gewohnheiten der Hopi-Indianer zurückgehen soll, ist kein Qualitätskriterium. Vielmehr ist die damit verbundene Exotik zu betonen, ein Indiz für Quacksalberei (GPSP 6/2006, S.6). Falls Sie durch Ohrkerzen geschädigt wurden, sollten Sie dies Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin melden, damit auf diesem Wege das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) informiert wird.
Stand: 1. April 2010 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2010 / S.10