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Ohrenschmalz entfernen

Mode oder Notwendigkeit?

Körperhygiene unterliegt Moden, die vor allem durch das Angebot von Produkten und durch Werbung geprägt werden. Dies gilt auch für die Reinigung der Gehörgänge. Ohrentropfen, Spüllösungen und Wattestäbchen – braucht man diese wirklich, oder schaden sie eher? 

Das Ohrenschmalz ist ein Sekret, das von Drüsen im äußeren Gehörgang ausgeschieden wird und gesundheitliche Schutzfunktionen hat (siehe Kasten). Die Werbung für Ohr­reinigungsmittel fördert die Annahme, unsere Ohrgänge müssten regelmäßig gesäubert werden. Das ist jedoch meist nicht sinnvoll.

Wattestäbchen eignen sich nicht, das Sekret aus dem Gehörgang zu entfernen. Mit ihnen schiebt man das Ohrschmalz oft tiefer hinein. Durch solche Reinigungsversuche kann ein Sekretpfropf entstehen, der das Hörvermögen mindert – bis hin zur Schwerhörigkeit. Ohrenschmerzen, Ohrenklingeln und ein unangenehmer Geruch aus dem Ohr sind mögliche Folgen. Auf jeden Fall tabu sind Manipulationen mit Haarnadeln, Streichhölzern und ähnlichen „Werkzeugen“, die den Gehörgang verletzen und das Trommelfell durchbohren können.

Kinder sind bei Reinigungsversuchen mit Wattestäbchen und sonstigen Gerätschaften besonders gefährdet, da ihr Gehörgang kürzer ist als die meisten glauben.

Auch von den so genannten Ohrkerzen, die den Gehörgang säubern sollen, raten wir ab (GPSP 5/2007, S. 11). Ein reinigender Effekt ist nicht nachgewiesen. Bei einigen Ohrkerzen kann sogar Wachs in den Gehörgang tropfen.

Neuerdings wird viel Reklame gemacht für Ohrentropfen und Spüllösungen, die Ohrenschmalz im Gehörgang auflösen sollen. Werbesprüche wie „natürliches Reinigungsmittel“ (Otosan® Ohrentropfen) führen aber in die Irre und suggerieren Harmlosigkeit. Was ist „Natürliches“ daran, wenn Geranienöl, Wacholderöl oder Kamillenextrakt in den Gehörgang eingebracht werden? Allergische Reaktionen sind nicht auszuschließen. Mandelöl und Maisöl werden als „fettlösend“ angepriesen – obwohl Ohrenschmalz wasserlöslich ist.1,2 Die zur „Sauberhaltung des Gehörganges“ angebotene Otowaxol® Lösung enthält Alkohol und Glyzerin. Beides kann dazu beitragen, dass die Haut des Gehörgangs austrocknet. Für die „ganze Familie ab 3 Jahren“ wird Audispray® angeboten, das täglich ins Ohr gesprüht werden soll. Es enthält Meerwasser und ist weniger reizend. Das ändert aber nichts daran, dass Ohrreinigungsmittel in der Regel überflüssig sind. Ein Präparat gar täglich anzuwenden, „um der Häufung von Schmutz“ vorzubeugen, erachten wir als unerwünschte Belastung für die Haut des Gehörgangs.

Hörgerät: mehr Pflege nötig

Wer ein Hörgerät trägt, muss sich häufiger um seine Ohren kümmern. Oft reizt die Hörhilfe den äußeren Gehörgang. Und immer wenn das Gerät eingesetzt wird, schiebt es etwas Ohrenschmalz in Richtung Trommelfell. Hörgeräteträger müssen daher nicht nur auf die Reinigung ihres Gerätes achten, sondern eventuell von Zeit zu Zeit einen Ohrenschmalz-Pfropf vom Hals-Nasen-Ohren-Arzt entfernen lassen.

Was Sie tun können

Normalerweise funktioniert die Selbstreinigung des Ohres gut und Sie brauchen gar nichts zu tun. Der „vorbeugende“ Gebrauch von Ohrenmitteln kann das Gegenteil bewirken: Die Drüsen des Gehörgangs werden angeregt, verstärkt Sekret zu bilden. Bei verhärtetem Ohrenschmalz kann es hilfreich sein, beim Duschen etwas warmes Wasser in das Ohr laufen zu lassen, um verklebtes Sekret aufzuweichen. Dabei darf jedoch keine Seife oder Haarwaschmittel in den Gehörgang gelangen. Auch muss das Trommelfell intakt und der Gehörgang darf nicht entzündet sein. Haben Sie das Gefühl, Ihr Ohr sei verstopft, gehen Sie am besten zu Ihrem Hausarzt oder zum Ohrenarzt. Diese können fachgerecht Abhilfe schaffen.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2009 / S.12