Zum Inhalt springen
© ananaline/iStock

Profitabel teure Gentherapien

Die Debatte ist nicht neu, aber längst nicht abgeschlossen: Verdienen Pharmafirmen zu Recht Millionen oder Milliarden mit neuen, mitunter durchaus segensreichen Präparaten, deren Wirkstoffe mit viel öffentlichem Geld erforscht worden sind? Konkret: Müssten etwa Universitäten oder staatliche Institutionen, die „mitgeforscht“ haben, die geforderten Preise, also den Profit, nicht deckeln können und zudem am Gewinn beteiligt sein? Noch konkreter: Wie ist zu rechtfertigen, dass etwa das Gentherapeutikum Onasemnogen-Abeparvovec pro Patient mit bedrohlichem Muskelschwund über 2 Millionen US-Dollar kostet und dieses Geld in die Kasse des Anbieters fließt, obwohl die meiste Forschung in gemeinnützigen Institutionen stattfand?1

Immer wieder betonen Arzneifirmen ihre hohen Ausgaben für die Forschung. Doch wer macht die Forschung überhaupt? Dazu erschien in der medizinischen Fachzeitschrift JAMA eine Auswertung von aktuell laufenden Gentherapiestudien.2,3 Jede zweite Studie zu gentherapeutischen Arzneimitteln organisiert und leitet eine Universität oder ein Krankenhaus. Für weitere 10% zeichnen die staatlichen US-National Institutes of Health (NIH) verantwortlich. Interessant dabei: Je näher ein Wirkstoff der Zulassung kommt, desto stärker steigt die Industrie ein. Vier von fünf der anfänglichen Studien mit Menschen (Phase 1, Tests an Gesunden) werden von öffentlichen Einrichtungen verantwortet. Bei den wenigen Phase 3 Studien – quasi in der Zielgeraden zur Zulassung – liegt die Studienleitung immer in der Hand von Pharmafirmen.

Auch wenn man die Beteiligung an den Kosten betrachtet, ist das Engagement der öffentlichen Forschung erheblich: Sie finanziert vier von fünf Studien mit und bezahlte über die Hälfte der Studien allein. Dazu resümieren die JAMA-Autoren: Die Analyse „illustriert, dass die NIH und die Universitäten in mehr als nur die Grundlagenforschung der Gentherapie stark involviert sind“.3 Aber am Schluss hat die Industrie die Hand drauf.

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2020 / S.14