Flexiseq®: Mit Nano ins Knie
Der Markt für Produkte bei Arthrose treibt immer wieder seltsame Blüten. Nun soll ein Mittel namens Flexiseq® mit Nanotechnologie, aber ohne pharmazeutische Wirkstoffe, schmerzende Gelenke wieder zum Laufen bringen. Einen Nachweis der Wirksamkeit bleiben die Anbieter schuldig.
Flexiseq® ist ein Gel, das laut Werbung „speziell zur Bekämpfung von Gelenkschmerzen im Zusammenhang mit Osteoarthrose entwickelt“ wurde.1 Eine 50-g-Tube kostet 21,49 €. Der Anbieter Pro Bono Bio hebt hervor, dass keine pharmazeutischen Wirkstoffe enthalten sind. Für die Wirkung sollen Nano-Materialien mit der sogenannten Sequessomen-Technologie sorgen. „Während Flexiseq® Gel auf der Haut eintrocknet, ändern diese Tröpfchen ihre Form und wandern durch die Haut bis in das betroffene Gelenk und bilden dort auf dem Knorpel eine Art „Schutzfilm“, behauptet die Werbung.1 Das Fehlen eines Wirkstoffes wird als Vorteil hochgelobt, denn es soll „das Risiko für die für Schmerzmittel üblichen Nebenwirkungen.“ reduzieren.1 Die Wirksamkeit sei erwiesen.
Fehlende Belege
Derartige Behauptungen wecken Hoffnungen. Flexiseq® ist kein Arzneimittel, sondern ein so genanntes Medizinprodukt. Der Anbieter musste sein Produkt also nur zum Verkauf registrieren lassen und die Einhaltung technischer Produktionsstandards bestätigen. Eine Prüfung auf Wirksamkeit findet nicht statt. Die auf der Webseite des Anbieters erwähnten wissenschafftlichen Studien konnten wir in der einschlägigen Fachpresse nicht finden. Auf wiederholte Anfrage beim deutschen Anbieter erhielten wir keine Antwort.3 Über die mögliche Wirkungsweise einer so genannten Sequessomen-Technologie lieferte uns die Fachliteratur keine Hinweise. Flexiseq® besteht hauptsächlich aus billigem Sojalezithin,4 einem salbenartigen Verdickungs mittel. Dass dieses mit „Nanostrukturen“ durch die Haut direkt in die Gelenke kriecht und dort wie Schmieröl wirkt, dürfte nicht nur unwahrscheinlich sondern unmöglich sein.
Das Marketing ist geschickt: Versprochen wird starke Wirkung fast ohne Nebenwirkungen. Und „Nanotechnologie“ klingt modern, heißt aber gar nichts im Hinblick auf die Wirksamkeit. Interessant ist auch das Geschäftsmodell. Die „Sequessomen-Technologie“ wurde von der britischen Celtic Pharma Holdings entwickelt. Gemeinsam mit dem russischen Geldgeber RUSNANO wurde das Unternehmen Pro Bono Bio gegründet, dessen erstes Präparat Flexiseq® ist.5 Nach eigenen Angaben soll dies der erste Arzneimittelhersteller sein, der sich „klare und präzise humanitäre Ziele“ gesetzt habe – in Afrika wolle man die Produkte spenden.4
Unsere Einschätzung: Die Anbieter sollten erst einmal Wirksamkeit und Nutzen ihres Produktes belegen, bevor sie so vollmundig ihren Beitrag zur Weltgesundheit propagieren. Und: Wer es ernst meint und Arzneimittel nach Afrika spenden will, sollte sich auf dort wirklich benötigte und bewährte Präparate beschränken.
Stand: 1. Dezember 2012 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2012 / S.13