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© lechatnoir/iStock

Die Leber schützen? Was zum pflanzlichen Nahrungsergänzungsmittel Liver Ignite bekannt ist

Fragwürdige Werbung zu Mariendistel, Kurkuma, Löwenzahn und Artischocke

Sehr geehrte Redaktion, man wird immer wieder nach Leberschutz gefragt. Könnten Sie bitte das Thema einmal behandeln und Liver Ignite dabei besprechen. Es wird im Netz von Luvia Labs angeboten. Tabletten mit Artischocke, Mariendistel, Ingwer, Curcuma, Löwenzahn sind gemeint, die den Gallenfluss anregend das Bauchfett verhindern sollen? Dass es die Medizin/Nahrungsergänzung nur im Netz gibt, ohne Kontrolle der Systeme – das erscheint mir suspekt. Mit freundlichen Grüßen H.E.

GPSP: Ihre Skepsis ist berechtigt. Das Konzept „Leberschutz“ an sich ist fragwürdig. Richtig ist, dass bei starkem Übergewicht Komplikationen wie eine nicht-alkoholische Fettleber und auch Gallensteine entstehen können. Bei solchen Problemen ist aber ärztliche Untersuchung angesagt. Laut Anbieter, dessen Firmensitz in Zypern ist, handelt es sich bei Liver Ignite um ein Nahrungsergänzungsmittel (NEM). Diese dürfen nicht zur Behandlung von Krankheiten angepriesen werden. Und eine gesunde Leber braucht überhaupt keinen „Schutz“ durch NEM. Der Anbieter nutzt allerdings einen Schleichweg: Bei der EU liegt die Bewertung von gesundheitsbezogenen Angaben, also Health Claims, für pflanzliche NEM (Botanicals) seit vielen Jahren auf Eis. Das betrifft auch die Pflanzen in Liver Ignite. Unter bestimmten Bedingungen dürfen die beantragten Health Claims, darunter auch die zur Lebergesundheit, bis zur endgültigen Bewertung deshalb genutzt werden.1

Im Internet finden sich eine Reihe von Seiten, die das Produkt freundlich besprechen und weitere Behauptungen aufstellen, etwa zum Bauchfett. Dabei handelt es sich jedoch meist nicht um seriöse Informationen, sondern um Werbung. Das gilt besonders, wenn das Produkt per Mausklick direkt zu kaufen ist – der Seitenanbieter bekommt in der Regel eine Umsatzbeteiligung.

Oft lassen sich solche zweifelhaften Anpreisungen schon an Sprach- und Grammatikfehlern erkennen. Es lohnt sich auch, bei entsprechenden Seiten ins Impressum zu schauen. Wenn es fehlt, oder das Angebot von außerhalb der EU stammt, ist noch einmal besondere Skepsis angesagt – weil sich die Werbetreibenden auf diese Weise vor behördlicher Verfolgung bei unzulässigen Aussagen zu schützen versuchen. Misstrauen ist auch dann ratsam, wenn ein Anbieter sehr hohe Preise aufruft und gleichzeitig hohe Rabatte anbietet. Im vorliegenden Fall wird dabei auch noch mit der Angst vor Arzneimittel-Engpässen gespielt und für mehrere hundert Euro ein Vorrat gleich für ein halbes Jahr angeboten. Belege für den Nutzen finden wir beim Anbieter keine. Lassen Sie sich durch solche Angebote also nicht verunsichern. Die einzigen Empfehlungen, die wir geben können, sind Übergewicht zu verringern und nicht zu viel Alkohol zu trinken, denn das nützt der Leber tatsächlich.

Extrawurst für pflanzliche Mittel

Leber-Medikamente

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2023 / S.24