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Bohnen im Kopf

Hülsenfrucht als Antidepressivum?

Die Afrikanische Schwarzbohne – botanisch Griffonia simplicifolia – kann angeblich gegen Depressionen wirken. Dafür soll ein Inhaltsstoff sorgen, der vor etlichen Jahren schon einmal als Medikament verkauft wurde, aber dann vom Markt verschwand.

Die Griffonia-Bohne wächst in Westafrika. Im Internet stoßen wir auf verschiedene Produkte, die aus ihren getrockneten Samen hergestellt werden. Einer der Anbieter ist Biogena. Sein Produkt Griffonia50 Serolution® ist zur „diätetischen Behandlung von Serotonin- und Noradrenalin-Mangel“ auf dem Markt. Damit sollen sich angeblich depressive Verstimmungen und Angststörungen behandeln lassen.1

Was steckt dahinter?

Auf den ersten Blick sieht Griffonia50 Serolution® wie ein Medikament aus – ist es aber nicht. Rein rechtlich handelt es sich um ein „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät)“. Dahinter stecken Substanzen, die zwar als Lebensmittel gelten, denen aber eine unterstützende Wirkung bei bestimmten Krankheitsbildern zugeschrieben wird. „Zugeschrieben“ heißt aber nicht, dass der Nutzen nach den strengen Kriterien wie bei Arzneimitteln belegt ist (siehe GPSP 4/2018, S. 19). Und gerade bei Mitteln mit Afrikanischer Schwarzbohne ist eine Wirksamkeit doch sehr fraglich, wie unsere Recherche ergab. Das gilt übrigens auch für andere Produkte mit der Schwarzbohne, die als Nahrungsergänzungsmittel verkauft und von Anbietern mit Eigenschaften wie „stimmungsaufhellend“ oder „vitalisierend“ bedacht werden.

Wie es zu einer Depression kommt, ist unklar. Vermutlich spielen die körpereigenen Nervenbotenstoffe Serotonin und Noradrenalin eine Rolle. Arzneimittel gegen Depressionen sollen genau an dieser Stelle eingreifen. Aber ein „Serotonin- oder Noradrenalin-Mangel“ lässt sich nicht zuverlässig diagnostizieren, und diese Substanzen sind nur ein Aspekt von vielen möglichen Faktoren bei Depressionen.

Natürliche Vorstufe

Was hat das jetzt alles mit der Bohne Griffonia simplicifonia zu tun? Sie enthält von Natur aus 5-HTP.2 Das ist eine Vorstufe von Serotonin, die unser Körper im Gehirn in Serotonin umwandelt. 5-HTP wird bis heute tatsächlich als Mittel gegen Depressionen erforscht, allerdings ohne viel Erfolg.3 Wegen schwerer Nebenwirkungen sind Arzneimittel mit 5-HTP in Deutschland seit den 1990er Jahren nicht mehr zugelassen und vom Markt verschwunden.4

Studien mit Griffonia-Präparaten bei Depressionen haben wir in wissenschaftlichen Zeitschriften vergebens gesucht. Berichte, die nur auf der Website des Anbieters stehen, enthalten zu wenige konkrete Angaben, um ihre Aussagekraft zu beurteilen.5

Der Versuch, Depressionen mit der Afrikanischen Schwarzbohne oder ihrem Inhaltsstoff 5-HTP zu behandeln, ist nicht durch den aktuellen Wissensstand gedeckt. Das gilt auch für Nahrungsergänzungsmittel.

Wer trotzdem zu 5-HTP greift, sollte auf bekannte Nebenwirkungen gefasst sein: Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, selten auch Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit und Herzrasen. Ebenfalls wichtig: Wer bereits Arzneimittel gegen Depressionen einnimmt, sollte Produkte mit 5-HTP oder Griffonia konsequent meiden – es kann sonst zu unerwünschten Wechselwirkungen kommen.6

Die Fantasie der Anbieter lässt sich übrigens von der fehlenden wissenschaftlichen Grundlage keinesfalls bremsen. Um 5-HTP bei seelischen Problemen zu verkaufen, wirbt in Österreich Corpharm für sein Griffonia-Produkt Amorex®: Es sei „speziell zur Unterstützung bei Liebesstress konzipiert“ und helfe bei Liebeskummer, Eifersucht und Scheidung.7

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2018 / S.12