Arzneimittel in Deutschland: Billiger durch Geheimpreise?
Einsparungen durch Nutzenbewertung sollen vertraulich werden
Die Nutzenbewertung für Medikamente erspart Deutschland Kosten. Bei fehlendem oder geringen Zusatznutzen gibt es erhebliche Rabatte – künftig sollen diese durch ein neues Gesetz zur Geheimsache werden.
Das nützt der Pharmaindustrie, die im Ausland mehr Geld verdienen möchte. Denn der deutsche Preis dient anderen Ländern als Referenz für deren Preisverhandlungen. Das ist gegenüber Europa ziemlich unfair. Und ob hierzulande die Rabatte tatsächlich größer oder gar geringer werden, kann niemand mehr überprüfen. Außerdem entstünde ein teures Bürokratiemonster, denn die Apotheken müssten den hohen Listenpreis abrechnen. Die Kassen müssten sich die Rabatte später aufwendig von den Herstellern zurückholen. Eine weitere Folge: Ärzt:innen könnten auch beim besten Willen nicht mehr wirtschaftlich verschreiben.
Gesundheitsminister Lauterbach hat die Industrieforderungen erhört. Er sagte: „Schon im Vorfeld des Gesetzes hat es in Erwartung des Gesetzes wesentliche Investitionen durch die Arzneimittelindustrie gegeben.“1
Bei der Grundsteinlegung der Lilly-Fabrik in Alzey am 8. April hat Lauterbach gleich selbst den Spaten in die Hand genommen. Schaufelt der Minister damit auch am Grab für die solidarische Krankenversicherung? Produziert werden soll in der Fabrik auch Tirzepatid.2 Bei Diabetes bietet der Wirkstoff kaum Zusatznutzen, der Preis wird also stark sinken. Den Einsatz von Tirzepatid bei Übergewicht zahlen die Kassen nicht. Für den Schlankmacher höhere Preise durchzusetzen, wäre schwierig. Die Geheimhaltung des Rabatts spielt dem Anbieter in die Hände.
Stand: 2. Mai 2024 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2024 / S.03